- Das vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) verhängte Einreiseverbot für den österreichischen rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner im Oktober 2024 war widerrechtlich.
- Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und das Verbot nachträglich aufgehoben.
Die schweizerische, als rechtsextrem geltende Organisation Junge Tat hatte den Österreicher letztes Jahr zu einem Vortrag eingeladen. Dieser sollte am 19. Oktober stattfinden. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) verhängte jedoch am 10. Oktober ein 18-tägiges Einreiseverbot für Sellner. Als er am Vortragstag dennoch einreiste, wurde er von der Thurgauer Kantonspolizei abgeführt.
Das Bundesverwaltungsgericht führt in einem publizierten Urteil aus, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft gegen sechs Personen der Jungen Tat Strafbefehle erlassen habe. Zwei davon seien rechtskräftig, weil die Betroffenen ihre Einsprachen zurückgezogen hätten. Zwei weitere Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen.
«Kein Zusammenhang»
Allein aus dem Umstand, dass Sellner mit dieser Gruppierung in Erscheinung trete, könne keine Unterstützung oder Befürwortung von gewalttätig-extremistischen Straftaten für ihn abgeleitet werden, schreibt das Bundesverwaltungsgericht.
Es fehle an einem kausalen Zusammenhang zwischen den laufenden Strafverfahren gegen Exponenten der Jungen Tat und einer allfälligen Gefährdung der inneren Sicherheit der Schweiz durch Sellner.
Das Verbot bewirke letztlich ein Redeverbot, so das Gericht. Es sei zudem fraglich, ob ein Einreiseverbot von 18 Tagen eine geeignete Massnahme darstelle, um eine gegenseitige Radikalisierung nachhaltig einzudämmen oder zu verhindern.
Kantonspolizei drängte auf Einreiseverbot
Wie aus dem Urteil hervorgeht, verneinte das Fedpol gegenüber der Kantonspolizei Zürich im September 2024 eine Gefährdung der inneren und äusseren Sicherheit der Schweiz durch Sellner. Ein Einreiseverbot lasse sich nicht rechtfertigen, schrieb das Fedpol weiter.
Laut einem Bericht der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission intervenierte der Kommandant der Kantonspolizei Zürich daraufhin beim Fedpol. Direktorin Nicoletta Della Valle bewilligte später entgegen der Empfehlung ihres Amtes das Züricher Gesuch auf ein Einreiseverbot.
Das Bundesverwaltungsgericht geht ausführlich auf die Person Sellner und dessen Hintergrund ein. Es schreibt, der Österreicher politisiere am äusseren rechten Rand. In seinem aktuellsten Buch formuliere er Vorschläge zur «Remigration» von Ausländern, ein Kampfbegriff unter Rechtsextremisten.
Sellner ist ausserdem Teil der identitären Bewegung Österreichs (IBÖ), wie das Gericht weiter ausführt. Laut dem österreichischen Verfassungsschutzbericht 2023 handle es sich bei der IBÖ um die zentrale Gruppierung der «Neuen Rechten». Das übergeordnete Ziel solcher Gruppierungen sei die Überwindung der herrschenden demokratischen, rechtsstaatlichen und gesellschaftlichen Ordnung.
Obwohl eigentlich kein aktuelles, praktisches Interesse des Beschwerdeführers an einem Entscheid mehr bestand, ist das Bundesverwaltungsgericht auf die Sache eingetreten. Grund dafür ist, dass sich grundlegende Rechtsfragen stellten. Diese könnten jederzeit wieder aufgeworfen werden, ohne dass ein rechtzeitiger gerichtlicher Entscheid möglich wäre (Urteil F-6635/2024 vom 27.11.2025). Sellner erhält zudem eine Parteientschädigung von 3000 Franken.