Die Hiobsbotschaft kommt überraschend: Die Model AG in Weinfelden (TG) stoppt bis auf Weiteres ihre Recycling-Anlage für Getränkekartons. Die Anlage, um Kartonfasern zurückzugewinnen, war erst 2017 in Betrieb genommen worden. Die Firma brauchte die Fasern in ihrer Kartonfabrik. Die Gründe für die Stilllegung: Die Verarbeitung der Getränkekartons rechnet sich nicht mehr. Zudem funktioniert die Anlage nicht reibungslos.
Eines der Hauptprobleme beim Getränkekarton-Recycling in der Schweiz: Es fehlt ein breit abgestütztes Finanzierungssystem wie beispielsweise beim PET. Dort wird das Recycling durch eine vorgezogene Gebühr bezahlt. Mangels Finanzierung gibt es beim Getränkekarton-Recycling schweizweit nur noch rund 100 Sammelstellen. Aldi hat die Sammlung in seinen Filialen im Frühling 2019 eingestellt – auch aus finanziellen Gründen. Die Recycling-Anlage in Weinfelden war bei Weitem nicht ausgelastet.
Recycling-Karton aus Getränkekartons zu teuer
Für die Model AG ist es inzwischen teurer, Kartonfasern aus Getränkekartons zu gewinnen, als Altkarton zu kaufen und zu verarbeiten. Denn die Marktpreise für Altpapier und Altkarton sind zusammengebrochen. Beim Recycling von Getränkekartons bleibt ein Gemisch aus Polyethylen und Aluminium zurück, erklärt Daniel Ballmann, Kommunikationsverantwortlicher der Model AG: «Nur schon die Entsorgung dieses Abfallprodukts ist teurer, als wenn wir Altpapier kaufen.»
Zur Zukunft der Anlage sagt Daniel Ballmann, die Model AG sei grundsätzlich offen, die Anlage technisch zu optimieren: «Aber ohne dass als solide Basis ein geeignetes Sammelsystem und Finanzierungsmodell zustande kommt, kann die Anlage nicht wirtschaftlich betrieben werden.»
Getränkekarton-Sammlung geht weiter
Die einzige Recycling-Anlage für Getränkekartons in der Schweiz steht nun also still. An den verbliebenen Sammelstellen und in gemischten Recycling-Sammelsäcken einiger Anbieter werden aber weiterhin Getränkekartons gesammelt. Was geschieht damit?
Die Thurgauer Innorecycling AG brachte die Getränkekartons aus ihren Sammelsäcken bisher zur Model AG in Weinfelden. Nun müsse er umorganisieren, sagt Geschäftsführer Markus Tonner: «Glücklicherweise ist das Getränkekarton-Recycling in Deutschland und Österreich bereits seit Jahren etabliert.» Die gesammelten Kartons können zur Verarbeitung ins grenznahe Ausland geliefert werden.
Hilfreicher Link
Diese vorläufige Lösung unterstützt auch der Verein Getränkekarton-Recycling Schweiz, der von Verpackungsherstellern gegründet wurde. Nach den Rückschlägen bei den Sammelstellen und der Anlage in Weinfelden stellt Geschäftsleiterin Simone Alabor fest: «Bis heute gab es für das Getränkekarton-Recycling wenig Unterstützung aus der Politik. Das ändert sich nun aber.»
Der Verein hofft, dass ein neues Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft ein Umdenken in der Recyclingbranche bewirkt: Ein gemeinsames Sammelsystem für Alu, PET, Getränkekartons etc., statt für jedes Material je ein eigenes Recycling-System. Das spart Geld.