Auch diesen Sommer wurden wieder mobile Toilettenhäuschen an Festivals, Openair-Kinos und Sportveranstaltungen aufgestellt. Normalerweise kommt in diesen temporären WC-Kabinen viel Chemie zum Einsatz, damit das, was in der Schüssel landet, möglichst schnell und geruchsfrei zersetzt wird.
Häuschen aus Tanne
Der Zürcher Anbieter Greenport geht seit letztem Jahr einen anderen Weg. Nur schon rein äusserlich unterscheidet sich die Kompost-Toilette von Marc Haueter von den üblichen bekannten Plastik-WC-Kabinen.
Vor einer Scheune im zürcherischen Birmensdorf präsentiert Haueter ein WC-Häuschen ganz aus Tannenholz. An der Tür prangt ein kleines Herz, im Innern sorgt ein kleiner Blumentopf für eine gemütliche Atmosphäre.
Hauter erklärt die Funktionsweise: «Der Topf ist unten mit Stroh ausgelegt. Man streut eine kleine Schaufel Sägemehl-Aktivkohle-Mischung darüber. Das Sägemehl ist dazu da, damit es schön aussieht und die Aktivkohle bindet den Geruch, damit es nicht stinkt. Es ist eine saubere Sache.»
Rohstoff für Pflanzendünger
Weniger sauber ist das, was in den Tanks der Toiletten zurückbleibt. Doch für Haueter und seine drei Greenport-Mitstreiter ist der pfundige WC-Inhalt ein wertvoller Rohstoff. Davon wollen sie kein Gramm, kein Tropfen verschwenden.
Wir haben das Ziel, alle Stoffe, die wir aus dem Abort gewinnen, wiederzuverwerten.
Konkret heisst das, dass der Urin und die Fäkalien in einem aufwändigen Prozess bei 800 Grad von Schadstoffen und Hormonrückständen befreit werden. Wichtige Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor bleiben zurück.
Diese Stoffe beschleunigen das Pflanzenwachstum, wenn sie in Form von Aktivkohle mit Komposterde vermischt werden.
Überliefertes Wissen der Indios
Die schwarze Erde, die daraus entsteht, ist im Amazonas-Gebiet schon seit hunderten von Jahren bekannt – als Terra Preta. «Man vermutet, dass diese Erde von den Indios mit ihren Schlachtabfällen, Fäkalien und Kohleabfälle produziert wurde. Sie haben das Material auf ihre Felder verteilt. Sie konnten damit die Bevölkerung ernähren, weil die Erde so schön fruchtbar ist.»
In der Masoala-Regenwald-Halle im Zürcher Zoo wird die Fäkalien-Erde aus den Birmensdorfer Miet-WCs seit letztem Jahr getestet. Die Ergebnisse mit Terra Preta seien verblüffend, sagt Chefbiologe Markus Bauert. «Wir haben vor zwei Jahren diesen Bananenhain angepflanzt und Terra Preta eingesetzt. Die Bananenstauden sind in kürzester Zeit vier oder fünf Meter gross geworden und tragen Früchte. Wir sind so begeistert, dass wir die Erde auch noch auf anderen Flächen einsetzen werden.»
Erde aus Menschenkot unter den Bäumen des Zoos Zürich sei kein Grund, sich zu ekeln, sagt Bauert.
Es ist absolut hygienisch, es riecht überhaupt nicht.
Trotzdem habe es auch Zoo-intern Überzeugungsarbeit vor dem ersten Einsatz der Terra Preta gebraucht. Dabei, sagt Bauert, sei es überhaupt nichts Neues, menschliche Ausscheidungen als Dünger zu nutzen sei auch in der Schweiz überhaupt nichts Neues. «Für unsere Urgrosseltern und Grosseltern war das normal. Wir sollten unsere Rohstoffe nicht als Abfälle betrachten, sondern wir sollten sie nutzen, um die Produktivität zu erhöhen.»
Bewilligung zum Verkauf noch ausstehend
Auch Haueter in Birmenstorf spricht davon, dass seine Firma Greenport gesellschaftliche Hürden überwinden will. «Wir brechen ein Tabu, indem wir menschliche Fäkalien wiederverwerten und den Kreislauf schliessen können.»
Aktuell ist der Output von Greenport bescheiden, nur wenige Kubikmeter Erde pro Jahr. Für mehr fehlt dem Klein-Unternehmen Zeit und Geld. Ausserdem muss das Bundesamt für Landwirtschaft noch seinen Segen für den Verkauf der Terra Preta geben.