Der Bundesrat zählt sieben Mitglieder – so steht das in der Bundesverfassung. Seit 1848. Nun ist die Steuerung des Landes seit damals nicht einfacher geworden.
80 Bundesangestellte seien 1849 in der Zentralverwaltung beschäftigt gewesen, schreibt der Bundesrat in den 1930er-Jahren. Heute sind es gegen 40'000. Die Bundesräte hingegen sind immer noch zu siebt.
Hauptargument: breitere Vertretung sichern
Die Forderung nach mehr Bundesrätinnen und -räten, etwa neun, ist denn auch ein Evergreen – seit etwa 130 Jahren. Dafür argumentiert wird seit je mit bemerkenswerter Konstanz: Die politischen Strömungen müssten besser vertreten sein, die Sprachregionen konstant berücksichtigt sein, die Arbeitslast solle auf mehr Schultern verteilt werden.
Ging es zuletzt vor allem um die Sprachregionen, so steht beim jüngsten Anlauf für ein Neuner-Gremium die politische Vertretung im Zentrum. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats sagte kürzlich im Grundsatz Ja zu einem Bundesrat mit neun Mitgliedern.
Wer würde profitieren?
Ausschlaggebend dabei war für die Urheberin des Vorstosses, SP-Nationalrätin Nadine Masshardt, das Wahlergebnis von 2019: Während alle Bundesratsparteien mehr oder weniger Wähleranteile verloren, legten Grüne und Grünliberale massiv zu. Im Bundesrat vertreten sind sie allerdings nicht.
Gerade weil nun die politische Vertretung im Zentrum steht, könnte dieser neuste Anlauf theoretisch chancenreicher sein als frühere Anläufe. Profitieren könnten jedenfalls viele: SP, FDP und Mitte müssten nicht um ihre Sitze zittern. Grüne und allenfalls auch Grünliberale hielten Einzug im Bundesrat. Und je nach Rechnung erhielte die wählerstärkste Partei, die SVP, einen dritten Sitz.
Gegenargument: Besser schlank als aufgebläht
Konstant halten sich allerdings auch die Argumente gegen eine Erweiterung des Bundesrats: Die Schweiz fahre seit über 170 Jahren gut mit einer vergleichsweise schlanken Regierung. Kleine Gremien funktionierten besser, hierarchiefreier. Gewarnt wird auch vor einer Aufblähung des Staatsapparats.
Allerdings: Auch wenn die Diskussion seit den letzten Wahlen unter anderen Vorzeichen geführt wird, ganz frisch ist das Argument der politischen Vertretung auch nicht. Im Gegenteil: Die SP kämpfte im letzten Jahrhundert zweimal mit Volksinitiativen für eine Vertretung in der Landesregierung und forderte dabei die Volkswahl eines neunköpfigen Bundesrats. Beide Male (1900 und 1942) gabs ein Nein.
Weniger Druck auf einzelne Parteien
Klar ist: Wird der Kuchen grösser, wird der Druck auf die Parteien kleiner. Und dieser ist derzeit mächtig: In den Debatten ums Pandemie-Management des Bundesrats oder ums institutionelle Rahmenabkommen spielten Parteien teilweise direkt auf einzelne Bundesratsmitglieder.
Trefflich streiten lässt sich allerdings auch bei der Verteilung von neun Bundesratssitzen. Und falls der Bundesrat je tatsächlich aufgestockt würde – bis es so weit wäre, zögen noch Jahre ins Land. Bei den Gesamterneuerungswahlen 2023 sind weiterhin nur sieben Sitze zu vergeben. Je nach Ausgang der nächsten Wahlen wird der Machtkampf dann wohl heftig wie selten.