«Ich wollte arbeiten, mein eigenes Geld verdienen», sagt ein Informatik-Lehrling im dritten Lehrjahr. «Für mich war es zu früh, schon nach der Oberstufe zu entscheiden, was ich machen will», sagt ein Kanti-Schüler.
Die Gründe, warum Oberstufen-Schülerinnen und -Schüler sich für oder gegen eine Berufslehre bzw. Matura entscheiden, sind vielfältig und individuell. Für die Politik und die Industrie allerdings kann das Buhlen um Leute zu einem Wettbewerb verkommen.
Quote steigt nur minim
In der Schweiz herrscht ein Fachkräftemangel. Mancherorts will die Regierung die Maturitätsquote erhöhen. So zum Beispiel im Kanton St. Gallen. Das wiederum ruft hier die Industrie auf den Plan.
Ich kann mir das nicht erklären.
22 Prozent der Jugendlichen schliessen in der Schweiz bis zum 25. Lebensjahr eine gymnasiale Matura ab. Im Kanton St. Gallen sind es etwas mehr als 15 Prozent, im Rheintal bloss noch 10 Prozent. Tendenz: nur minim ansteigend. Marc Caduff, Prorektor der Kantonsschule in Heerbrugg: «Ich kann mir das nicht erklären. In Zürich oder der Romandie herrschen ganz andere Verhältnisse.»
Welsche Kantone schwingen oben aus
Ein Blick auf die Statistik zeigt: Vor allem in der Romandie herrschen andere Verhältnisse, Zürich liegt knapp unter dem Schweizer Durchschnitt.
Im Rheintal kämpft man derweil um Lernende. SVP-Regierungsrat Stefan Kölliker vom Bildungsdepartement sagt: «Im Rheintal gibt es traditionell ein starkes Gewerbe. Die Firmen mobilisieren und werben um ihre Lehrstellen. Wir sind dabei durchaus in einem Wettbewerb.»
Unterschiedliche Ansichten
Cornelia Grill, Präsidentin Chance Industrie Rheintal, findet es generell wichtig, dass «den Jugendlichen nach der Oberstufe attraktive Perspektiven geboten werden». Sei es für jene, die eine Berufsbildung anstreben oder für jene, die das Zeug zur Matura haben.
«Ich verstehe, dass man die Maturaquote erhöhen will», sagt Grill. Für gewisse Positionen sei die Matura wichtig. «Aber es benötigt auch Fachpersonen, die arbeiten.» Dem entgegnet Regierungsrat Kölliker, das sei zu kurzsichtig. «Wer eine Mittelschule oder Matura wählt, wählt in der Regel auch ein Studium. Das ist wiederum im Interesse der Unternehmen. Man braucht qualifiziertes Personal auf allen Stufen», sagt der St. Galler Bildungsdirektor.
Platz hätte es an der Kantonsschule in Heerbrugg genug, sagt Prorektor Marc Caduff. Doch inwiefern dieser in naher Zukunft gebraucht wird, ist fraglich. Der Wettbewerb zwischen der Regierung und der Industrie um die Jugendlichen lässt sich nur schwer beeinflussen. Die Maturaquote bleibt darum im St. Galler Rheintal ziemlich sicher tief.