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Rekordjahr 2020 95 Milliarden: So viel erben Schweizer 2020

95 Milliarden erben SchweizerInnen und Schweizer im nächsten Jahr – fünf Mal mehr als noch vor 30 Jahren. Dennoch fallen aus dem Rekorderbe nicht mehr Steuern ab. Der Ökonom Marius Brülhart erklärt wieso.

Marius Brülhart

Ökonom

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Marius Brülhart ist Ökonom an der Universität Lausanne und hat die neuen Zahlen in einer Studie zur Schweizer Erblandschaft ermittelt.

SRF News: 95 Milliarden Franken werden im nächsten Jahr in der Schweiz vererbt. Eine wahnsinnige Summe.

Marius Brüllhart: 95 Milliarden sind mehr als die gesamten Ausgaben des Bundes und ungefähr das Doppelte der jährlichen Ausgaben der AHV. Jeder zweite Vermögensfranken in der Schweiz ist geerbt.

Das nächste Jahr ist ein Rekorderbe-Jahr. Weshalb?

In erster Linie, weil die Gesamtvermögen stetig wachsen, schneller als die gesamte Wirtschaftsleistung. Denn Immobilienpreise und Aktienkurse steigen schneller als die Gesamtwirtschaft.

95 Milliarden – das gäbe, wenn alle in der Schweiz gleich viel erben würden, für jede und jeden rund 12’000 Franken. Wie sind die Erbschaften tatsächlich verteilt?

Dazu haben wir nur bruchstückhaft Daten. Gemäss einer Studie aus dem Kanton Bern betreffen drei Viertel der Erbschaften Beträge unter 100‘000 Franken, 20 Prozent liegen zwischen 100‘000 und 500‘000 Franken.

Bloss 1.5 Prozent erben mehr als eine Million.

Nur 1.5 Prozent der Erbschaften sind höher als eine Million Franken. Die Verteilung ist also sehr ungleich.

Erben wir prozentual einmalig viel in der Schweiz?

Wir vererben anteilsmässig am Volkseinkommen ähnlich viel wie die Franzosen und Deutschen. Aber wir sind reicher und daher ist die Summe der Erbschaften pro Kopf bei uns höher.

Wenn jemand erbt, hat er oder sie normalerweise wenig dafür tun müssen. Dennoch muss man in der Schweiz fürs Erben kaum Steuern bezahlen. Ist das gerecht?

Das ist eine subjektive Frage, worauf man je nach politisch-philosophischer Gesinnung unterschiedlich antworten kann.

Weshalb haben die Kantone ihre Erbschaftssteuern auf direkte Nachkommen in den letzten Jahrzehnten einer nach dem anderen abgeschafft?

Wir haben anhand einer Textanalyse der jeweiligen Abstimmungsbüchlein klar nachweisen können, dass der Steuerwettbewerb mit Abstand das wichtigste Argument war. Man sorgte sich um die Abwanderung vermögender älterer Steuerzahler in Kantone oder Länder mit tieferer Erbschaftssteuerbelastung.

Die Senkungen der kantonalen Erbschaftssteuern war durchs Band ein fiskalisches Verlustgeschäft.

Die kantonalen Erbschafteesteuersenkungen erwiesen sich aber durchs Band als fiskalisches Verlustgeschäft. Wir sprechen daher von einem «vermeintlichen Steuerwettbewerb».

2015 wurde auch die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer, welche den inländischen Steuerwettbewerb ausgeschaltet hätte, an der Urne wuchtig verworfen. Hoffen alle auf das grosse Erben?

Das könnte eine Rolle spielen. US-Umfragen zeigen, dass viele Leute fälschlicherweise glauben, die Erbschaftssteuer könnte sie dereinst einmal betreffen, obwohl die Freibeträge dafür viel zu hoch sind. Gemäss VOX-Befragung nach der Abstimmung 2015 störten sich die Gegner der Vorlage vor allem an der Einführung einer neuen Steuer ohne eindeutigen Bedarfsnachweis.

Das Gespräch führte Michael Perricone.

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