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Rekurs des FCZ gutgeheissen Polizeidirektoren kassieren ein Gegentor

Die Sperrung des Fan-Sektors war rechtswidrig, urteilt das Statthalteramt. Das Kaskadenmodell ist infrage gestellt.

Nach einem Spiel gegen den FC Basel im Januar 2024 kam es beim Bahnhof Altstetten zu Ausschreitungen. Rund 100 Fans des FC Zürich versuchten zu den Basler Anhängern vorzustossen, sie warfen Flaschen, Steine und Petarden auf die Polizei, welche einen Zusammenstoss verhinderte. In der Folge verfügte die Stadt Zürich für das nächste Heimspiel des FCZ die Sperrung der Heimkurve.

Zum Zeitpunkt noch ohne Implementierung

Diese Sanktion war ganz im Sinne des Kaskadenmodells, obwohl es zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht implementiert war. Ausgearbeitet hatte das Modell die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) mit dem Ziel, Gewalt an Sportveranstaltungen zu bekämpfen.

Stadion bei Nacht mit beleuchteten Sitzen und Banner.
Legende: Beim Spiel gegen Lausanne blieb die Zürcher Südkurve menschenleer. Keystone / ENNIO LEANZA

Das Prinzip des Modells: Bestimmte Vorfälle lösen automatisch gewisse Massnahmen aus – gewalttätige Ausschreitungen beispielsweise führen zu einer Teilsperrung des Stadions wie beim FC Zürich.

Sperrung war rechtswidrig

Der FCZ rekurrierte indes gegen diese Verfügung – und erhielt nun Recht vom zuständigen Statthalteramt. Die Sperrung der Fankurve sei rechtswidrig gewesen, so das Verdikt – und es sei schlicht unverhältnismässig gewesen, die Rechte von Tausenden friedfertigen Matchbesuchern einzuschränken.

Für Benjamin Schindler, Professor für Staatsrecht an der Uni St. Gallen, ist dieses Verdikt keine Überraschung. «Aus meiner Sicht hat der Statthalter recht, wenn er davon ausgeht, dass dies eine Kollektivstrafe war und keine präventive Massnahme.»

Eine Sektorensperrung als kollektive Massnahme wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn man davon hätte ausgehen müssen, dass es beim nächsten Spiel wieder zu Ausschreitungen kommen würde. Bei der Begegnung gegen Lausanne sei diese Wahrscheinlichkeit aber gering gewesen.

Sicherheitsbehörden schweigen

Für das Zürcher Sicherheitsdepartement, das die Kurvensperrung verfügt hatte, ist dieses Urteil eine Niederlage. Aktuell wolle man sich nicht dazu äussern. Man prüfe einen Weiterzug ans Verwaltungsgericht. Stumm bleibt heute Freitag auch die KKJPD, der Entscheid aus Zürich werde nicht kommentiert.

Wir plädieren dafür, dass wir diese Übung nun möglichst schnell abbrechen.
Autor: Claudius Schäfer CEO Swiss Football League

Auskunftsfreudiger sind dafür die Gegner des Kaskadenmodells, das sind namentlich die Fussballclubs und die Liga. Claudius Schäfer, CEO der Swiss Football League, sagt: «Wir plädieren dafür, dass wir diese Übung nun möglichst schnell abbrechen.»

Mann.
Legende: Claudius Schäfer, CEO der Swiss Football League, ist kein Fan des neuen Kaskademodells. Keystone/Anthony Anex

Das Kaskadenmodell habe nur Probleme gebracht, habe zu Rechtsunsicherheiten geführt und sei zu alledem nie einheitlich angewandt worden. Auch die Liga sei gegen Gewalt, sagt Schäfer, «aber das erreichen wir nur mit zielgerichteten Massnahmen und mit der Verfolgung von Einzeltätern».

«KKJPD muss über die Bücher»

Das Urteil aus Zürich sende nun ein zusätzliches Signal aus: «Die KKJPD muss nun über die Bücher», sagt der Basler SPV-Politiker Pascal Messerli. Das Kaskadenmodell sei ein missratenes Konstrukt, das weder demokratisch legitimiert noch rechtsstaatlich abgestützt sei.

Parlament aktiv in Basel-Stadt

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Auch in Lausanne und Basel gab es Rekurse gegen die Sperrung von Sektoren – diese Verfahren sind noch hängig.

In Basel-Stadt wurde zudem das Parlament aktiv. SVP-Kantonspolitiker Pascal Messerli reichte eine Motion ein mit der Forderung, dass die Regierung künftig auf sämtliche Massnahmen des Kaskadenmodells verzichten soll – namentlich auf Kollektivstrafen. Ein Vorstoss, der vom Basler Parlament mit grosser Mehrheit überwiesen wurde.

«Kollektivstrafen gab es früher auch im Militär, sie wurden aber abgeschafft, weil es nicht mehr zeitgemäss war.» Sie seien daher auch beim Fussball sicher nicht das richtige Mittel.

Echo der Zeit, 20:06, 18 Uhr;liea

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