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Revision Umweltschutzgesetz Ständerat will Bauen in Lärmzonen erleichtern

  • Verdichtetes Bauen und Wohnen in lärmbelasteten Gebieten erleichtern statt auf grüne Flächen ausweichen – mit diesem Ziel will der Ständerat den Lärmschutz im Umweltschutzgesetz (USG) anpassen.
  • Dabei sollen die lärmrechtlichen Kriterien bei der Sanierung und beim Bau von Wohnungen abgeschwächt werden – auch mit Blick auf «Komfortlüftungen».
  • Kinderspielplätze und Grünflächen sollen neu der Sanierungspflicht für belastete Standorte unterstellt werden. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Der Ständerat will die Bedingungen lockern, unter denen Wohnungen auch bei überschrittenen Lärmgrenzwerten gebaut oder saniert werden können. So soll Bauen künftig möglich sein, wenn Wohnungen über eine Komfortlüftung verfügen, also eine kontrollierte Lüftung bei lärmempfindlichen Räumen installiert ist.

Eine Baubewilligung in Gebieten mit nicht eingehaltenen Lärm-Immissionsgrenzwerten soll auch erteilt werden können, wenn bei jeder Wohneinheit mindestens ein lärmempfindlicher Raum über ein Fenster verfügt, bei dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind. Auch muss ein privat nutzbarer Aussenraum zur Verfügung stehen, bei dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind.

Abkehr von «Lüftungsfensterpraxis»

Mit diesen Anpassungen sollen die Folgen eines Bundesgerichtsurteils gedämpft werden, das nach Aussagen im Ständerat den Bau oder Umbau von Wohnungen in Siedlungen stark erschwert. Denn bisher entscheiden Messungen bei offenem Fenster, ob eine Wohnung als zu starkem Lärm ausgesetzt gilt oder nicht. Dies sei beim Bau von Minergiehäusern nicht mehr sinnvoll, so Kommissionsprecher Daniel Fässler (Mitte/AI).

Lärmzone. Häuser nahe an einer Autobahn.
Legende: Bürgerinnen müssen leben und schlafen können. Darum sollen gerade auch ältere Gebäude in lärmbelasteten Zonen einfacher saniert werden können. Keystone/Gaetan Bally

Eine links-grüne Minderheit scheiterte mit dem Antrag, den Passus mit der kontrollierten Wohnraumlüftung zu streichen und an der sogenannten «Lüftungsfensterpraxis» vieler Kantone festhalten. Hierbei müssen die Immissionsgrenzwerte mindestens an einem zum Lüften geeigneten Fenster pro lärmempfindlichem Raum eingehalten werden.

Belastete Kinderspielplätze müssen saniert werden

Ein zweiter zentraler Bestandteil der Revisionsvorlage des Bundesrats betrifft den Umgang mit Altlasten. So sollen Kinderspielplätze und Grünflächen zwingend auf umweltgefährdende Stoffe untersucht und allenfalls saniert werden. Die Kosten sollen aber gemäss Ständerat nicht die Inhaber der Plätze tragen – meistens Gemeinden – sondern weiterhin prinzipiell die Verursacher der Probleme.

Spielplatz.
Legende: Kinder sollen auf garantiert nicht kontaminierten Spielplätzen und Grünflächen herumtollen können. Der Bundesrat sieht eine systematische Überprüfung und allfällige rasche Sanierung aller öffentlichen Anlagen vor. Keystone/Valentin Flauraud

Auch sollen die Kantone nicht zur finanziellen Unterstützung bei Sanierungen herangezogen werden. Mit der geplanten Sanierungspflicht können die Sanierungsvorhaben aber vom sogenannten Vasa-Altlasten-Fonds des Bundes profitieren.

Bundesgeld für PFAS-belastete Böden und KVA

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Der Bund soll die Sanierung von mit schwer abbaubaren per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) belasteten Böden mit bis zu 40 Prozent der anrechenbaren Kosten mittragen. Dafür hat sich der Ständerat ausgesprochen. Es geht etwa um Übungsgelände von Feuerwehren, die häufig mit PFAS-haltigen Löschschäumen belastet sind.

Eine gleiche Kostenbeteiligung des Bundes befürwortete der Ständerat bei der Sanierung von Standorten bei Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA). Auslöser des Kommissionsantrags war die Entdeckung dioxinbelasteter Böden in der Umgebung der 2005 abgestellten KVA Vallon von Lausanne.

Kein Gehör für mehr Spielraum beim Tempo 50/30

Keinen Anklang fand auch ein links-grüner Minderheitsantrag für verschärfte Anforderungen an Bauzonen mit zu hohen Lärmplanungswerten. Hierbei lehnte der Ständerat mehr Kompetenzen für die Gemeinden für betriebliche Massnahmen wie Tempobeschränkungen von 50 auf 30 km/h ab. Bereits am Vortag hatte sich der Ständerat gegen einen neuen Grenzwert für morgendlichen Fluglärm in der Lärmschutzverordnung ausgesprochen.

In der Gesamtabstimmung passierte der Gesetzesentwurf klar. Er geht nun an den Nationalrat.

 

Rendez-vous, 07.12.2023, 12:30 Uhr ; 

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