Arbeit für Lohn ist auch in Schweizer Gefängnissen gesetzlich vorgesehen, als Beitrag zur Resozialisation für die Zeit danach. 3.75 Franken pro Stunde bekommen arbeitende Häftlinge im Regionalgefängnis Sissach BL. Das klingt nach wenig, ist aber wichtig. Davon geht die eine Hälfte auf ein Sparkonto, mit der anderen Hälfte kann man zum Beispiel Zigaretten kaufen. Wer hier keinen Job hat, bekommt nur 1 Franken pro Stunde.
Gefängnisse haben Mühe, Aufträge zu finden
Tatsächlich hat es für zwölf Gefangene in Sissach derzeit nur vier Jobs. In Frage kommen eher einfache Jobs, dies wegen der Infrastruktur und der Sicherheit.
Im ganzen Kanton habe es pro Insasse drei bis dreieinhalb Stunden Arbeit im Tag, sagt Nicolas Pozar, Leiter des Baselbieter Amtes für Justizvollzug. Dies, weil es schwierig sei, Aufträge zu finden: «Wohn- und Behindertenheime werden bevorzugt, weil die einen positiven Imageeffekt haben.»
Das Arbeitsangebot ist auch für den Kanton zu wenig. Angesichts der baulichen Verhältnisse nennt Pozar die Arbeitsauslastung in den Haftanstalten «gut, aber bei Weitem nicht optimal».
Das sehen auch sieben Insassen in Sissach so: Sie wagten im August eine Revolte und wollten nicht in die Zellen zurückkehren.
Einen davon vertritt Anwalt Andreas Noll, der die fehlende Arbeit kritisiert: Im Knast führe Untätigkeit zu Frust und Aggression. Vor allem aber erschwere es die Resozialisierung und bringe höhere Folgekosten, wenn Leute später den Rank nicht fänden.
Anwalt: Ohne Arbeit auf freien Fuss zu setzen
Haft ohne Arbeit ist für ihn illegal: «Sie sollen nur so viele Leute ins Gefängnis aufnehmen, wie sie Arbeitsplätze zur Verfügung stellen können. Die anderen müssten sie auf freien Fuss setzen.»
Pozar, Leiter des Amts für Justizvollzug widerspricht: «Resozialisierung ist nicht nur auf Arbeit ausgerichtet, sondern ein vielschichtiges System mit pädagogischer und therapeutischer Betreuung.» Es gehe auch um Förderung sozialer Kompetenzen, Konfliktmanagement und schulische Weiterbildung. Resozialisierung könne sehr wohl auch ohne Arbeit klappen.
Die Gefangenen haben ein Recht auf das Arbeitsentgelt.
Die meisten Häftlinge interessierten sich eher fürs Geld als für die Resozialisation, wirft Jonas Weber ein. Er ist Professor für Strafrecht an der Universität Bern. Er sagt klar: «Die Gefangenen haben ein Recht auf das Arbeitsentgelt, wenn sie ein Recht auf Arbeit haben.»
Das Geld helfe ihnen, die Zeit im Gefängnis erträglicher zu machen. Revolten wie in Sissach seien hierzulande sehr selten; der Vorfall zeige den Frust.
Arbeit fehlt laut Weber nicht nur in diesem Knast: «Im Schweizer Strafvollzug hat es allgemein zu wenig Arbeit.» Zudem seien manche verfügbaren Gefängnisjobs etwa in der Landwirtschaft zu wenig auf den heutigen Arbeitsmarkt ausgerichtet.
Experte: Mehr und zeitgemässe Arbeit nötig
Gefragt wäre eher Arbeit am Computer, vielleicht mit Onlineshops, aber Vollzugsbehörden fürchteten dabei Missbrauch. Das sei nicht konsequent angesichts des Risikos etwa mit scharfen Messern in einer Küche. «Da müsste man einige Schritte vorwärts machen.»
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Bild 1 von 4. Der Innenhof mit Betonboden und feinmaschigem Gitter zum Himmel. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. Aufmauerung, scharfer Stacheldraht und Videokamera sollen Ausbrüche verhindern. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. Ohne die Gitter vor den Fenstern sähe das Gebäude wie ein 1970er-Jahre-Wohnhaus aus. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. Auch der Zugang zum Innenhof ist separat vergittert. Bildquelle: SRF.
Das Regionalgefängnis Sissach sei gebaut worden, als noch keine Arbeitspflicht im Gesetz stand, sagt Pozar. Zumindest quantitativ will Baselland vorwärts machen: Jetzt seien zwei Projekte mit externen Firmen in der Pipeline. Klappten diese, sei künftig für einen Grossteil der Gefängnisinsassen Arbeit vorhanden.