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Rotes Gold aus dem Thurgau Alte Tradition wiederentdeckt: Safran aus der Schweiz

Der Anbau von Safran wird in der Schweiz immer beliebter. Auch, weil die Bedingungen für den Anbau immer besser werden.

Wer sich durch den Online-Shop von Viktor Gschwend klickt, der muss sich noch gedulden. «Thurgauer Safranfäden in der Dose – Ausverkauft!», heisst es da allenthalben.

Höchste Zeit also, für die neue Ernte. In Egnach, einer Thurgauer Gemeinde am Bodensee, stapft Gärtner Viktor Gschwend früh morgens durch sein Safran-Feld und hält Ausschau nach lilafarbenen Blüten. Safran wird im Herbst geerntet, die Blüten erscheinen über Nacht, bei Zimmertemperatur. Geerntet werden sie geschlossen. Interessant ist nicht die Blüte, sondern der rote Griffelfaden im Innern der Blüte. Er wird später als Gewürz verkauft.

In der Ostschweiz ist Gschwend einer der ersten Safranproduzenten. Letztes Jahr hat er mit «ein paar Tausend» Pflanzen begonnen, dieses Jahr sind es bereits 60'000. Gschwend rechnet mit 150'000 Blüten, die er ernten kann – das ergäbe ein Kilo getrockneter Safran.

Der Anbau ist Handarbeit, vom Setzen der Knollen, über das Jäten bis zur Ernte. Das hat seinen Preis: Ein Gramm Thurgauer Safran kostet 78 Franken. Gschwend rechnet damit, dass sich der Anbau in drei Jahren rentiert. Bis dahin haben sich die Knollen im Boden verdreifacht.

Safranzunft im Wallis

Gschwend ist nicht der einzige, der in der Schweiz Safran produziert. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Landwirtinnen und Gärtnern. Den Anfang machten Ende der 1970er-Jahre die Einwohner des Oberwalliser Dorfs Mund. Sie gründeten sogleich eine neue Zunft.

Heute hat diese 200 Mitglieder. Andere liessen sich inspirieren, und so wird heute praktisch überall in der Schweiz Safran angebaut, wenn auch in geringen Mengen. Die grösste Ernte entfällt jeweils auf den Kanton Aargau.

Dass in der Schweiz wieder auf Safran gesetzt wird, ist nicht selbstverständlich. Lange Zeit war er in Vergessenheit geraten. Noch im Mittelalter hatte der Safrananbau grosse Tradition, Safran wurde damals in ganz Europa geerntet, auch in der Schweiz. Vom Handel mit dem «roten Gold» zeugen die Safranzünfte in Zürich, Luzern oder Basel – letzteres war damals eine Art Handelszentrum für Safran.

In den Geschichtsbüchern verzeichnet ist gar ein Safrankrieg, der 1374 bei Balsthal losgetreten wurde, nachdem ein unzufriedener Adliger einen Safran-Transport von Basler Kaufleuten überfallen hatte.

Safranfeld im Thurgau
Legende: Morgentau liegt auf Viktor Gschwends Safran-Feld in Egnach (TG). SRF/Nicolas Ledergerber

Die Geschichte des Safrans ist allerdings viel älter. Archäologen fanden heraus, dass Safran im heutigen Irak bereits vor 48'000 Jahren für Höhlenmalereien verwendet wurde. Später nutzten ihn unterschiedliche Kulturen und Zivilisationen als kostbares Gewürz, aber auch in der Medizin oder als Färbemittel.

Ein Luxusartikel war er immer, weshalb er auch gerne gefälscht wird. Der mit Abstand grösste Safran-Produzent – Iran – versucht deshalb, Fälschern mit elektronischen Nasen auf die Spur zu kommen. Viktor Gschwend empfiehlt, auf jeden Fall ganze Safranfäden zu kaufen und nicht das Pulver. Das sei oft «gepanscht», mit Kurkuma zum Beispiel.

Safran mag Sonne und Wärme

Der Klimawandel hat den Safrananbau in der Schweiz begünstigt. Safran hat gerne trockene Erde und warmes Wetter mit viel Sonne. An Schweizer Universitäten, am Bundesforschungszentrum für Landwirtschaft, Agroscope und in kantonalen Institutionen wird geforscht, welche Pflanzen künftig hier gut wachsen können, wenn die Mitteltemperaturen weiter steigen. Das könnten Mandelbäume oder Quinoasträucher sein, Cranberries und Pekannüsse oder eben auch Safran.

Regionaljournal Ostschweiz, 17.10.2022, 17:30 Uhr ; 

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