Das Wichtigste in Kürze
- Die Rückführung eines Tamilen und seiner Familie nach Sri Lanka 2013 ist laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Unrecht geschehen.
- Der Mann ist nicht der Einzige , der nach seiner Rückweisung misshandelt wurde. Ein zweiter weggewiesener Tamile erfuhr nach seiner Ankunft in Colombo dasselbe Schicksal.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hält in seinem Urteil fest, dass die Schweiz das im Mai 2009 gestellte Asylgesuch des Betroffenen unzureichend geprüft hat.
Der Mann hatte geltend gemacht, dass er in den 90er-Jahren bei den Tamil Tigers gekämpft habe und in der Folge inhaftiert und dort misshandelt worden sei.
Das Asylgesuch wurde abgelehnt.
Eine Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen diesen Entscheid und die Wegweisung blieben ohne Erfolg.
Erst zwei Jahre später wieder freigelassen
Am 21. August 2013 wurde der Tamile mit seiner Frau und den beiden Kindern weggewiesen. Noch am Flughafen der Hauptstadt Colombo wurden sie festgenommen und 13 Stunden lang verhört. Während Ehefrau und Kinder freikamen, wurde der Mann inhaftiert. Erst im April 2015 wurde er freigelassen.
Ein weiterer aus der Schweiz weggewiesener Tamile erlitt nach seiner Ankunft in Colombo das gleiche Schicksal. Aus diesem Grund sistierte die Schweiz im September 2013 die Rückschaffungen von Tamilen nach Sri Lanka.
Untersuchung zeigte Mängel auf
Nach dem Stopp wurden im damaligen Bundesamt für Migration die internen Abläufe überprüft. Der Bericht des Völkerrechtlers Walter Kälin zeigte Mängel auf. Von unsorgfältigen und oberflächlichen Befragungen war die Rede. Auch sei die damalige Lage in Sri Lanka falsch beurteilt worden. Kälin empfahl eine bessere Ausbildung der befragenden Behörden. Die Leitung versprach entsprechende Massnahmen.
1300 Dossiers werden neu überprüft
Seit dem letzten Sommer beurteilt das Staatssekretariat für Migration die Lage in Sri Lanka wieder anders: Rückführungen in alle Landesteile seien wieder zumutbar. Auch im Norden, wo die Tamilen leben, habe sich die Lage markant verbessert. Für frühere Kämpfer der Tamil Tigers sei es zunehmend weniger gefährlich, je weiter der Bürgerkrieg zurückliege. Auf dieser Basis werden zurzeit gut 1300 Dossiers von abgewiesenen Tamilen nochmals individuell überprüft.