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Rüstungsindustrie macht Druck Bund soll als Verkäufer für Schweizer Rüstungsgüter einspringen

Der Bund soll Produkte der Schweizer Rüstungsindustrie ins Ausland verkaufen. Sonst würden der Industrie Aufträge entgehen, so die Rüstungsindustrie. Käuferstaaten würden direkt beim Bund bestellen statt bei Rüstungsfirmen. Kritiker warnen vor grossen Risiken – gerade für die Neutralität.

Staaten wollten immer häufiger beim Bund bestellen statt bei der Herstellerfirma, sagt Matthias Zoller. Er ist beim Branchenverband Swissmem zuständig für die Rüstungsindustrie. Die Situation in der Schweiz werde zum Problem: «Wir wissen von Fällen, in denen es Anfragen an die Schweiz gab. Auf die Antwort, dass die Schweiz kein solches Modell kenne, wurde die Geschäftsbeziehung abgebrochen», so Zoller.

Ein Arbeiter montiert ein Teil an einem Piranha-Radschützenpanzer.
Legende: Fertigungshalle der General Dynamics European Land Systems im Thurgau: Der Firma entging ein grösseres Geschäft mit der Slowakei. Keystone / Martin Rütschi

Der Firma General Dynamics European Land Systems im Thurgau zum Beispiel sei so ein grösseres Geschäft mit der Slowakei entgangen. Für Rüstungsindustrie-Vertreter Matthias Zoller ist daher klar: Die Schweiz müsse Kaufverträge von Regierung zu Regierung, sogenannte Government-to-Government-Geschäfte, anbieten.

Von Regierung zu Regierung gehts schneller

Dass Staaten Rüstungsgüter beim Herstellerstaat statt bei der Herstellerfirma kauften, sei ein Trend in Europa, sagt Tom Waldwyn. Er forscht zum Thema beim renommierten International Institute for Strategic Studies in London. Käufer hätten mit Government-to-Government-Verträgen mehr Sicherheit: Oft werde im Vertrag auch die Finanzierung geregelt, und die Staaten würden ihre Beziehungen durch die Geschäfte vertiefen.

Schweiz kauft die F-35-Kampfjets Government-to-Government

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Die USA verkaufen Rüstungsgüter ausschliesslich über den Staat. Das finanzielle Risiko geben sie dabei an die Käuferstaaten weiter.

Die Schweiz erlebt das gerade beim Kampfjet F-35, wo sie als Käuferin die Mehrkosten tragen muss.

Doch für SP-Nationalrat Fabian Molina, einen Gegner von Government-to-Government-Geschäften, ist das nicht vergleichbar: «Die USA sind so gross und mächtig, dass sie ihre Interessen durchsetzen können. Bei der Schweiz wäre das anders», so der Sicherheitspolitiker.

Zudem könnten sich Käufer mit diesem Modell lange Ausschreibungen sparen. «Es kann schneller gehen – und gerade jetzt in Europa ist Geschwindigkeit bei Rüstungskäufen ein entscheidender Faktor», sagt Waldwyn. Wer eine wettbewerbsfähige Rüstungsindustrie wolle, müsse Government-to-Government-Verträge anbieten. 

Linke befürchten Korruption und Kosten für den Staat

In der Schweiz sehen das auch bürgerliche Nationalräte von der Mitte bis zur SVP so. Auf Initiative der Rüstungsindustrie haben sie letztes Jahr einen Vorstoss für Government-to-Government-Geschäfte eingereicht. Dagegen stellen sich die Linken. Der Staat würde sich so Korruption und finanzielle Risiken ins Haus holen, warnt SP-Nationalrat Fabian Molina: «Es besteht das Risiko, dass Zusatzkosten bei der Produktion bei den Steuerzahlenden hängen bleiben würden.» Gegen solche Risiken könne sich die Schweiz vertraglich absichern, beruhigt die Rüstungsindustrie.

Diese drei Varianten überlegt sich das VBS

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  • Die Schweiz könnte Ausland-eschäfte mit hiesigen Rüstungsfirmen lediglich vermitteln.
  • Sie könnte ausländische Staaten bei eigenen Bestellungen mitbestellen lassen.
  • Die Schweiz könnte Government-to-Government-Geschäfte ohne Einschränkungen anbieten.

Das Parlament dürfte nächstes Jahr festlegen, ob der Schweizer Staat künftig auch als Rüstungsverkäufer auftreten soll. Bereits hat der Bund mögliche Varianten erarbeitet (siehe Textbox). «Matchentscheidend ist das Zeichen, das die Schweiz setzen würde, indem sie sich hinter ihre Rüstungsindustrie stellt und Verantwortung mitträgt», sagt Rüstungslobbyist Zoller.

Gefahr für die Neutralität?

Doch genau diese Mitverantwortung will Fabian Molina fernhalten von der Schweiz. Was wäre, wenn ein Käuferstaat nach Vertragsabschluss in einen Konflikt geraten würde, fragt der linke Kritiker: «Die Schweiz müsste dann weiterhin liefern, um den Vertrag zu erfüllen. Indirekt würde sie zur Kriegspartei. Das wäre sicher nicht im Sinne der Neutralität.»

Rüstungsexperte Tom Waldwyn sieht durchaus politische Risiken – allerdings sei ja jeder potenzielle Käuferstaat mit der Schweizer Neutralitätspolitik vertraut. «Risiken lassen sich im Dialog reduzieren und auch mit Vertragsklauseln absichern», so Waldwyn. Zum Beispiel mit Ausstiegsklauseln.

Rendez-vous, 20.10.2025, 12:30 Uhr;brus

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