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Russische Spione hierzulande Botschafter: «Ich sehe keine Krise in unseren Beziehungen»

Die Spionage-Affäre sei eine aufgeblasene Kampagne, sagt der russische Botschafter Sergei Garmonin in der «Tagesschau».

Die Recherche in der «SonntagsZeitung» vom letzten Wochenende deckte auf, dass jeder vierte russische Diplomat in der Schweiz ein Mitarbeiter des Nachrichtendiensts sei.

Seither eskaliert die Situation. Aussenminister Ignazio Cassis ist im Dilemma zwischen Klartext und Diplomatie. Die Schweiz dulde keine Spionage, wolle aber den kritischen Dialog mit Russland weiterführen.

Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte die Affäre am Mittwoch, als der Schweizer Botschafter in Moskau, Yves Rossier, ins russische Aussenministerium zitiert wurde.

Keine Spionage durch Diplomaten

Nun kommen versöhnlichere Töne des russischen Botschafters in der Schweiz, Sergei Garmonin. In einem Interview mit der «Tagesschau» bleibt er hart in seiner Sicht der Fakten, setzt aber auf diplomatische Deeskalation:

«Ich sehe keine solche Konfrontation oder solche Krise in unserer Beziehung. Das ist eine aufgeblasene Kampagne von bestimmten Kreisen.» Er teile die Auffassung von Bundesrat Cassis, einen konstruktiven, offenen Dialog zu führen.

Vehement weist er aber die Recherchen der «SonntagsZeitung» zurück: «Alles, was wir gehört haben, basiert auf Vermutungen. Die Schlussfolgerungen, welche Journalisten daraus ziehen, sind übertrieben, verzerren die Realität und sorgen für Spannungen. Dies dient nicht der Stärkung unserer Beziehungen.»

«Eine kleine Lüge führt zu einer grossen Unwahrheit»

Die «SonntagsZeitung» stützt ihre Aussagen auf den Sicherheitsbericht 2018 des Schweizerischen Nachrichtendiensts. Darin schreibt der NDB, der sogenannt verbotene Nachrichtendienst habe bei verschiedenen Ländern zugenommen:

«Einer dieser Staaten arbeitet stark mit Nachrichtendienstoffizieren, die unter diplomatischer Tarnung in der Schweiz weilen. Bei einem Viertel bis zu einem Drittel der Personen im diplomatischen Dienst dieses Staats besteht ein begründeter Verdacht oder ist nachrichtendienstlich bestätigt, dass sie Nachrichtendienstangehörige sind.»

Der russische Botschafter antwortet darauf mit einem russischen Sprichwort: «Eine kleine Lüge führt zu einer grossen Unwahrheit.» In diesem Sicherheitsbericht gebe es weder eine direkte Anklage noch Fakten, dass es russische Spionage in der Schweiz gebe: «Auch nicht unter dem Deckmantel diplomatischer Pässe. Das habe ich darin nicht gesehen.»

Traditionell freundschaftliche Beziehungen

Kommende Woche findet die UNO-Generalversammlung in New York statt. Bereits vereinbart ist dort ein Treffen zwischen dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow und EDA-Chef Ignazio Cassis. Dabei wollen beide Seiten die Situation bereinigen.

Botschafter Garmonin erwartet, dass es im Gespräch «wahrscheinlich um die Notwendigkeit geht, die jetzige Situation zu normalisieren». Das Ziel sei die Rückkehr zu den traditionell freundschaftlichen und geachteten Beziehungen zwischen den beiden Ländern.

Das EDA wollte das Interview des russischen Botschafters nicht kommentieren.

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