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Säumige Prämienzahler Knapper Entscheid: Nationalrat will schwarze Liste beibehalten

  • Der Nationalrat möchte es den Kantonen weiterhin ermöglichen, Listen zu führen für Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen.
  • Die grosse Kammer hat sich am Donnerstag mit 98 zu 92 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen die Abschaffung der sogenannten Listen säumiger Prämienzahlender ausgesprochen.
  • Damit stellen sich nun National- und Ständerat gegen den Bundesrat.

Wer seine Krankenkassen-Rechnung nicht begleichen kann, kommt aktuell in den Kantonen Aargau, Luzern, Tessin, Thurgau und Zug auf eine schwarze Liste und erhält nur noch im Notfall medizinische Behandlung.

Über Sinn und Unsinn der sogenannten schwarzen Liste säumiger Prämienzahlerinnen und -zahler hat die grosse Kammer am Donnerstag ausgiebig diskutiert. Vor allem den Grünen, der SP und der GLP ist die Liste ein Dorn im Auge.

Bundesrat: Liste verfehlt ihren Zweck

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Der Bundesrat hätte die Liste säumiger Versicherter abschaffen wollen. Er ist der Ansicht, dass solche Listen die medizinische Grundversorgung der Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen beeinträchtigen könnten und dass ihr Nutzen nie habe nachgewiesen werden können. Aktuell bezahlen rund 160'000 Personen ihre Krankenkassen-Rechnungen nicht.

Der Ständerat hat die Vorlage in der Sommersession angenommen und sich sehr knapp mit 22 zu 22 Stimmen und Stichentscheid des damaligen Präsidenten Alex Kuprecht (SVP/SZ) auch für die Beibehaltung der «schwarzen Listen» ausgesprochen.

Manuela Weichelt (Grüne/ZG) argumentierte unter anderem: Die Betroffenen würden die Prämien meist nicht aus Unwille zahlen, sondern aus Unfähigkeit. Bei diesen Personen verfehle die Liste ihren Zweck, zur Bezahlung der Krankenkassenausstände zu animieren.

Auch bringe diese Handhabung Ärztinnen und Ärzte in die Bredouille. Denn jene müssten letztlich entscheiden, welche Behandlung noch ausgeführt werden dürften.

Was unter eine Notfallbehandlung fällt

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Das Parlament hat den Begriff der Notfallbehandlung präzisiert: Demnach liegt eine solche vor, wenn die Behandlung nicht aufgeschoben werden kann. Dies ist der Fall, wenn die versicherte Person ohne sofortige Behandlung gesundheitlichen Schaden oder den Tod befürchten muss oder die Gesundheit anderer Personen gefährden kann. In solchen Fällen müssen auch säumige Prämienzahlende behandelt werden.

Gegen die Streichung wehrten sich die bürgerlichen Fraktionen. Christian Lohr (Mitte/TG) argumentierte, die Krankenversicherung basiere auf Solidarität. «Das heisst, Prämien sind zu zahlen.»

Auch föderalistische Überlegungen standen im Raum: So sagte etwa Regine Sauter (FDP/ZH), die freisinnige Fraktion wolle es den Kantonen überlassen, solche Listen zu führen. Mit Blick auf den Kanton Thurgau, der eine schwarze Liste führt, sprach Therese Schläpfer (SVP/ZH) gar von einem «Erfolgsmodell» – in doppelter Hinsicht.

Einerseits unterstütze das Case-Management Familien in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, Schuldenberge zu tilgen. Andererseits zahle sich die gezielte Begleitung säumiger Prämienzahler aus: Thurgau gehöre zu den Kantonen mit den schweizweit tiefsten Prämienausständen.

Junge sollen nicht mehr für Eltern haften

Ferner hat sich der Nationalrat am Donnerstag dafür ausgesprochen, dass die Prämien von Personen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten vom Lohn abgezogen und an den Versicherer überwiesen werden können. So sollen neue Schulden aufgrund bestehender Betreibungen vermieden werden.

Ausstehende Prämien: Kanton vergütet 85 Prozent

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  • Wenn Versicherte ihre Prämien und Kostenbeteiligungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) nicht bezahlen, wird ihnen nach dem Betreibungsverfahren ein Verlustschein ausgestellt.
  • Momentan vergütet der Kanton dem Versicherer noch 85 Prozent der ausstehenden Forderungen.
  • Sobald die versicherte Person ihre Schuld vollständig oder teilweise gegenüber dem Versicherer beglichen hat, erstattet dieser 50 Prozent des von der versicherten Person erhaltenen Betrages an den Kanton zurück.
  • In den Jahren 2012 bis 2019 haben die Kantone den Versicherern auf diese Weise nahezu zweieinhalb Milliarden Franken für ausstehende Forderungen bezahlt.

Schliesslich sollen junge Erwachsene nicht mehr für die Prämien haften, die von ihren Eltern nicht bezahlt wurden, solange sie minderjährig waren. Gemäss Nationalrat soll diese Regelung auch für junge Erwachsene gelten, die noch in der Ausbildung sind.

Einig sind sich die Räte darin, dass die Zahl der Betreibungen auf zwei pro Jahr begrenzt werden soll. Die Kantone, die dies möchten, sollen die Verlustscheine für 90 Prozent der Forderung von den Versicherern übernehmen und selber bewirtschaften können.

Standesinitiative brachte Ball ins Rollen

Dass das Verfahren beim Nichtbezahlen der Prämien in verschiedenen Punkten überhaupt angepasst werden soll, geht auf eine Standesinitiative des Kantons Thurgau zurück. Dass es Änderungen braucht, ist grundsätzlich unbestritten: Der Nationalrat hat die Vorlage denn auch mit 191 Ja-Stimmen und ohne Gegenstimmen bei einer Enthaltung angenommen – das Geschäft geht nun zurück an den Ständerat.

SRF 4 News, Politikum, 16.12.2021, 06:45 Uhr ; 

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