Ein Zentrum sucht man in Münchenwiler vergebens. Das Dorf ist klein, fast nur ein Weiler im Berner Seeland, umringt vom Kanton Freiburg. Es gibt ein paar Bauernhäuser, Einfamilienhäuser, ein Schulhaus. Kein richtiges Zentrum – ausser: ein Schloss.
«Das Schloss ist die Identität des Dorfes», sagt eine Anwohnerin, die gerade Holz aus ihrem Auto lädt. Ihr Stolz ist unüberhörbar: «Nicht jeder Ort hat schliesslich sein eigenes Schloss.»
Wir haben im Schlossteich ein Bad genommen – unerlaubt!
Für viele hier sei das Schloss schon in der Kindheit ein magischer Ort gewesen. Ein Platz zum Staunen, zum Spielen – manchmal auch heimlich. «Wir haben im Schlossteich ein Bad genommen – unerlaubt!»
Für 2.5 Millionen Franken soll nun das Schloss im Baurecht an Andreas und Maren Geser, ein Ehepaar aus Zürich, gehen. Sie sind Landschaftsarchitekten und keine Unbekannten im Dorf. Vor einigen Jahren haben sie gleich neben dem Schloss ein altes Bauernhaus, das sogenannte Küherhaus, gekauft und renoviert.
Andreas Geser führt durch den Park – als Schlossherr fühle er sich dabei nicht. «So etwas kennen wir nicht.» Wichtig sei ihnen zu überlegen, wie es mit dem Schloss weitergehen soll. «Das ist schon jetzt ein offener Ort – und das soll so bleiben.»
Das Schloss ist ein offener Ort – und das soll so bleiben.
Schliesslich sei ja auch die Kirche ein Teil des Schlossareals – schon nur aus rechtlichen Gründen muss da der Zutritt aller gewährleistet sein.
Die Pläne der Gesers: Das Hotel verkleinern, dafür Wohnungen schaffen – vielleicht auch Alterswohnungen. Auch Ateliers und Büros sind denkbar. Und: Der Park soll öffentlich bleiben. Vereine sollen Konzerte oder Theaterstücke aufführen können.
Zuerst viel Skepsis
Im Dorf ist man vorsichtig optimistisch. Yvonne Suter, Präsidentin der bisherigen Schlossstiftung, wusste lange nicht, wer das Schloss kaufen will – und ist nun erleichtert: «Das Ehepaar bringt Ideen, die passen.» Und: «Zwei Landschaftsarchitekten kaufen das Schloss mit der grossen Parkanlage – das ist wie eine Traumhochzeit.»
Was mit den verkauften Schlössern passiert
-
Bild 1 von 4. Der Verkauf von Schloss Trachselwald verzögert sich. Gemäss Kanton soll das Schloss auch in Zukunft als Museum und Veranstaltungsort dienen. Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
-
Bild 2 von 4. Im 2017 verkauften Schloss Burgdorf wurde unter anderem eine Jugendherberge eingerichtet. Bildquelle: Keystone7CHRISTIAN BEUTLER.
-
Bild 3 von 4. Das Schloss Belp hat der Kanton Bern 2012 an die Einwohnergemeinde Belp verkauft. Der historische Festsaal des Schlosses kann für Trauungen gebucht werden. Bildquelle: Wikimedia/Roland Zumbuehl.
-
Bild 4 von 4. 2021 hat der Kanton Bern das Schloss Aarwangen einer Stiftung übergeben. Nun ist es ein Begegnungszentrum. Bildquelle: zvg/Schloss Aarwangen.
Auch viele Anwohnende freuen sich – nicht zuletzt, weil bereits verschiedene Gerüchte kursierten: «Es war schon von russischen Oligarchen die Rede – oder von einem Bordell», sagt ein Anwohner des Schlosses.
Trotzdem: Gemeindepräsident Jürg Brönimann bleibt wachsam. Er hofft, dass die künftigen Eigentümer ihren Wohnsitz aus dem Kanton Zürich nach Münchenwiler verlegen. «Dann könnte die Gemeinde dank den Steuern auch finanziell profitieren.» Wobei die Gesers derzeit nichts davon wissen wollen.
Die Zukunft hängt von der Gemeindeversammlung ab
Noch ist der Verkauf nicht endgültig. Damit das Projekt umgesetzt werden kann, braucht es eine Änderung im Zonenplan. Darüber wird die Gemeindeversammlung voraussichtlich im kommenden Jahr abstimmen.
Bis dahin bleibt das Schloss das, was es schon immer war: ein Ort der Geschichten, der Hoffnungen – und vielleicht bald ein Symbol für einen gelungenen Neuanfang.