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Schmutzige Gelder aus Russland Nutzte die «Russische Waschmaschine» die Schweiz als Drehscheibe?

Das Netzwerk «Russische Waschmaschine» soll über 20 Milliarden Dollar gewaschen haben. 600 Millionen davon sind laut «Beobachter» in über 45 Schweizer Banken gelangt. Genau so werde Geld gewaschen, stellt Experte David Zollinger fest. Ohne Ermittlungen in Russland fehle aber der Nachweis.

David Zollinger

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Der Jurist und Japanologe war von 1998 bis 2007 Staatsanwalt für Geldwäscherei im Kanton Zürich. Zudem hat er eine Art Gebrauchsanweisung für Juristen zum neuen Geldwäschereigesetz mitverfasst.

SRF News: Wie glaubwürdig sind die Enthüllungen zur so genannten «Russischen Waschmaschine»?

David Zollinger: An den Enthüllungen haben sehr viele Leute intensiv gearbeitet. Man hat nicht den Eindruck, dass es sich hier um pauschale Vermutungen handelt. Die Recherchen scheinen sich auf konkrete Angaben zu stützen, und man muss sagen: Genau so wird in der Regel Geld gewaschen.

Was man aber nicht vergessen sollte – und da sind Journalisten und Leute aus der Verwaltung manchmal etwas voreilig: Ein Straffall liegt erst dann vor, wenn sich ein Delikt nachweisen lässt. Soweit ich gelesen habe, hat man bisher überhaupt keine konkreten Nachweise, dass diese Gelder wirklich aus deliktischen Quellen stammen. Das mag auch damit zu tun haben, dass die russischen Behörden den Fall als unauffällig betrachten.

Man müsste zuerst nachweisen, dass das Geld wirklich aus schmutzigen Quellen stammt.

Darum geht es

  • Kriminelle, korrupte Beamte und Politiker, die meisten aus Russland, sollen über mehrere Jahre schmutzige Gelder im Wert von 20 Milliarden Dollar gewaschen haben.
  • Gesäubert wurde es im «Russian Laundromat», einem seit 2014 bekannten Geldwäsche-Netzwerk in Moldawien und Lettland, wie 61 Journalisten aus 32 Ländern, darunter Mitarbeitende des «Beobachters» aufgedeckt haben.
  • Dokumente einer anonymen Quelle zeigten, dass rund 600 Millionen Dollar des gewaschenen Geldes auf Konten von 45 Schweizer Banken geflossen sei, berichtet der «Beobachter» weiter.

Die Schweiz ist für ihre effizienten Instrumente gegen Geldwäscherei bekannt. Offenbar haben sie in diesem Fall aber nicht gewirkt?

Ob sie wirklich nicht gewirkt haben, kann man sehr unterschiedlich beurteilen. Man müsste zuerst nachweisen, dass das Geld wirklich aus schmutzigen Quellen stammt.

Alle schauen ganz genau hin, wenn ein grosser Betrag von 600 Millionen Dollar fliesst. Wenn der Betrag hingegen auf 45 Transaktionen und darüberhinaus auf 45 verschiedene Banken aufgeteilt wird, sieht die einzelne Bewegung sehr unauffällig aus. Das macht die Bekämpfung der Geldwäscherei sehr schwierig, denn die saubere Transaktion sieht genau gleich aus wie die unsaubere. In diesem Fall war sie für die involvierten Banken vermutlich gar nicht erkennbar.

Laut dem «Beobachter» meldeten mehrere involvierte Banken die verdächtigen Transaktionen den Behörden. Sie haben also nichts falsch gemacht?

Grundsätzlich lassen sich die Banken immer erst dann etwas zu Schulden kommen, wenn man im Nachhinein belegen kann, dass sie etwas hätten tun müssen und es nicht getan haben.

Es ist ein Irrglaube, dass solche Straftaten mit der richtigen Regulierung verhindern werden könnten. Das ist nicht einmal in totalitären Systemen geglückt.

Sollte sich bei allfälligen Ermittlungen etwas herausstellen, wird sich zeigen, ob die anderen Banken die Vorfälle hätten melden müssen. Dazu müsste es aber erst Ermittlungen geben.

Wie liesse sich so etwas verhindern?

Wer das System gut kennt, kann es mit relativ wenig Aufwand austricksen. Wenn Geldwäscher die Beträge aufsplitten, müsste für die Bekämpfung eine Superüberwachung installiert werden, die den gesamten Finanzkreislauf der Schweiz in Echtzeit überwacht. Aber das ist technisch sehr aufwändig und käme beim Volk und in der Politik wohl schlecht an.

Wer das System gut kennt, kann es mit relativ wenig Aufwand austricksen.

Letztlich können Sie Geldwäscherei gar nicht verhindern, wenn Sie weiter ein freiheitliches Geschäftssystem haben wollen. Man kann aber die Schwelle so ansetzen, dass möglichst viele Personen verpflichtet sind, genau hinzuschauen. Wenn dann im Nachhinein etwas auffällt oder auffliegt, dann weiss man wenigstens, wen man dafür bestrafen muss. Aber es ist ein Irrglaube, dass solche Straftaten mit der richtigen Regulierung verhindern werden könnten. Das ist nicht einmal in totalitären Systemen geglückt.

Das Gespräch führte Melanie Pfändler.

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