Zum Inhalt springen

Header

Audio
Methoden «nicht hinnehmbar» - dennoch soll Lehrerin weiter unterrichten (Symbolbild)
Aus Regionaljournal Zentralschweiz vom 26.11.2020. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 27 Sekunden.
Inhalt

Schulkonflikt in Nidwalden Wie weit darf eine Lehrerin gehen?

Eine Nidwaldner Lehrerin wendet ein «altmodisches Strafrepertoire» an. Trotz harscher Kritik soll sie weiter unterrichten dürfen.

Eine Primarlehrerin verteilt Ohrfeigen im Unterricht und zerrt Schülerinnen und Schüler an den Haaren: Es waren happige Vorwürfe, die im Sommer in der Nidwaldner Gemeinde Beckenried bekannt wurden. Die beschuldigte Lehrerin bestritt die Vorkommnisse – dennoch stellte die Schule sie frei und reichte Strafanzeige gegen sie ein. Gleichzeitig beauftragte die Gemeinde Bildungswissenschaftler Anton Strittmatter mit einer Untersuchung.

Der Bericht dazu liegt nun vor – und Strittmatter hält darin fest: Hinweise auf Ohrfeigen und andere Tätlichkeiten hat er keine gefunden. Allerdings habe es sehr wohl Vorkommnisse gegeben, die «nicht hinnehmbar» seien.

«Schüler fühlten sich verängstigt und gedemütigt»

So hätten Schüler bei Vergehen Liegestützen machen oder beim Schaukeln mit dem Stuhl dem Unterricht für eine gewisse Zeit stehend oder kniend folgen müssen. «Das Strafrepertoire für Schüler, die den Unterricht störten, erscheint eher altmodisch», sagt Bildungswissenschaftler Strittmatter. «Andere Lehrpersonen kommen da mit vernünftigeren Strafen aus.»

Problematisch sei auch gewesen, dass viele Kinder unter dem Unterrichtsstil der Lehrerin gelitten hätten. «Ein nicht kleiner Teil fühlte sich verängstigt, schikaniert oder gedemütigt von der Art, wie die Lehrerin ihre Klasse führte oder jemandem mitteilte, dass es für den Übertritt ins Gymnasium nicht reichte», sagt Strittmatter.

Dennoch: Kündigung wäre missbräuchlich

Dennoch spricht sich der Bildungswissenschaftler dafür aus, die Lehrerin weiterhin zu beschäftigten – wenn auch nicht mehr als Klassen-, sondern als Fachlehrerin. «Eine Kündigung wäre missbräuchlich, denn die Lehrerin wurde von der Schulleitung wegen ihrer Vergehen nie angemahnt», sagt er.

Zudem sehe er die Möglichkeit, dass sich die Lehrerin anders verhalte, wenn sie nicht mehr die Funktion einer Klassenlehrerin ausübe und der damit verbundene Druck wegen des Übertritts in die Oberstufe wegfalle. Sie sei eine erfahrene, engagierte Lehrerin – und habe keineswegs bei allen Kindern und Eltern so stark polarisiert.

Staatsanwaltschaft kann immer noch klagen

Box aufklappen Box zuklappen

Ob die Lehrerin in Beckenried ihre Stelle tatsächlich behalten kann, wie dies Bildungswissenschaftler Anton Strittmatter empfiehlt, hängt von den Untersuchungen der Nidwaldner Staatsanwaltschaft ab. Nach der Strafanzeige geht diese den Vorwürfen der Tätlichkeit noch immer nach. Sollte sie Anklage erheben, dürfte der Fall der Lehrerin wieder anders aussehen.

Kritik auch an die Adresse der Schule und des Kantons

Der Bericht zu den Vorfällen in Beckenried erhebt aber auch Vorwürfe gegen die Schulleitung – diese habe nicht versucht, den aufkeimenden Konflikt zwischen der Lehrerin und einzelnen Eltern zu entschärfen. Dies habe mitgeholfen, die Situation eskalieren zu lassen.

Problematisch sei zudem, dass es beim Kanton Nidwalden keine Stelle gebe, an die sich die Schule hätte wenden können. «Früher wäre der kantonale Schulinspektor aufgetaucht», sagt Anton Strittmatter. «Er hätte alle Parteien an einen Tisch geholt, und gemeinsam hätte man eine Lösung gefunden.»

Das Schulinspektorat wurde jedoch abgeschafft, ebenso die externe Schulevaluation. Damit gibt es keine kantonale Stelle mehr, die in den Schulen der Gemeinden intervenieren könnte. Auf Strittmatters Empfehlung hin will sich die Gemeinde Beckenried nun beim Kanton dafür einsetzen, dass eine neue Anlaufstelle geschaffen wird. Damit Schwierigkeiten an den Schulen schneller erkannt werden – und nicht mehr auf diese Weise eskalieren.

Regionaljournal Zentralschweiz, 26.11.2020, 17:30 Uhr;

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel