Alles ist bereit für den grossen Steinschlag-Test im stillgelegten Bergwerk am Walensee. Das Netz ist gespannt, die beiden würfelförmigen «Felsbrocken» sind an einem Kran montiert. Sie wiegen je 4.8 Tonnen und werden kurz nacheinander fallengelassen.
Durch die Beschleunigung entwickeln sie eine Energie von bis zu 10'000 Kilojoule. Das ist vergleichbar mit zwei schweren Bussen, die innerorts unterwegs sind. Das Auffangnetz hält.
Es sind Tests der Thurgauer Firma Geobrugg AG, die sich auf den Bau von Sicherheitsnetzen spezialisiert hat – die Nachfrage steigt weltweit. Speziell: Anders als andere Schutzbauten geben die Drahtgeflechte nach und bremsen die herunterfallenden Steine so ab.
Steinschlag rüttelte wach
Wie wichtig der Schutz gegen Steinschlag, insbesondere entlang von Strassen ist, zeigte sich jüngst in Filzbach im Kanton Glarus. Anfang August beschädigten herunterfallende Felsbrocken mehrere Autos, verletzt wurde niemand.
Dieses Ereignis habe sie wachgerüttelt, sagt Charles Rinderknecht, oberster Strasseninspektor beim Kanton St. Gallen. Man müsse vor allem Gebiete im Toggenburg und entlang des Walensees künftig besser überwachen.
Derzeit sind 1.5 der 660 Kilometer der Kantonsstrassen mit Steinschlagnetzen gesichert. Auch wenn mehr Netze installiert werden, ein Restrisiko bleibe. «Wir können nicht die ganzen Strassen verpacken, um jegliches Risiko auszuschliessen», meint Rinderknecht.
Netze müssen mehr aushalten
Steinschlagnetze seien seit rund 30 Jahren auf dem Markt und hätten sich sehr bewährt. «Die Kapazität der Auffangvorrichtung wurde laufend erhöht», sagt Werner Gerber. Er hat bis zu seiner Pensionierung bei der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Lawinen WSL zu Steinschlägen geforscht.
Und dies sei auch nötig. Netze müssten heute immer mehr Wucht von fliegenden Steinen aushalten, so Gerber. Steinschläge und Felsstürze würden sich häufen.
Inwiefern der Klimawandel einen Einfluss auf die erhöhte Steinschlagaktivität habe, sei noch nicht restlos erforscht. In höheren Lagen, so kommt eine Studie des WSL zum Schluss, sei ein Rückgang des Permafrosts wohl Mitauslöser. Erwärmen sich Luft und Gestein übermässig, bildet sich Permafrost zurück, was zu Steinschlägen führen kann.
Weitere Ursachen sind laut der Nationalen Plattform für Naturgefahren des Bundes (PLANAT) auch häufigere Wechsel zwischen Frost und Tau, wärmere Winter und starke Niederschläge. «In tieferen Lagen kommen mehrere Ursachen infrage», erklärt Joël Borner, der für das WSL zu Steinschlägen forscht. Einige Faktoren seien vom Klimawandel beeinflusst, andere hingegen nicht, sagt Borner.