Die SBB testet zurzeit, ob die Züge insgesamt pünktlicher werden, wenn sie Anschlüsse nicht mehr abwarten müssen. Ein Pilotprojekt läuft im Dreieck Bern-Basel-Zürich. Wer also zum Beispiel von Bern nach Zürich fährt und dort nach Schaffhausen umsteigen will, verpasst den Anschluss allenfalls um zwei Minuten und muss eine halbe Stunde warten.
Die SBB erwarte so insgesamt mehr Pünktlichkeit, erklärt Mediensprecherin Franziska Frey: «Untersuchungen haben gezeigt, dass die Pünktlichkeit im ganzen Netz steigt, wenn die Wartezeit der Züge knapp bemessen ist.» Entsprechende Resultate soll nun das Pilotprojekt bestätigen.
Das macht die Bahn als Ganzes weniger attraktiv.
Null Verständnis für eine Nulltoleranz bei Anschluss-Zügen hat Pro Bahn, welche die Interessen der Kundschaft des öffentlichen Verkehrs vertritt. Eine Änderung der Praxis sei schlecht für den öffentlichen Verkehr, ist Präsident Kurt Schreiber überzeugt: «Der reisende Kunde rechnet damit, dass bei kleineren Zwischenfällen der Anschluss gewährleistet ist.» Wenn aber wegen zwei bis drei Minuten Verspätung die Reise um eine halbe Stunde verlängert werde, mache dies die Bahn als Ganzes weniger attraktiv.
SBB: Mehr Pünktlichkeit für möglichst viele
Verpasste Anschlüsse seien zwar ärgerlich, doch die Mehrheit der Bahnpassagiere profitiere, kontert SBB-Sprecherin Frey. Denn die Zuverlässigkeit werde für all jene steigen, die sonst einen Anschlusszug abwarten müssen und eventuell selbst eine Verspätung erlitten hätten.
Für Einzelreisende kann es zu Anschlussbrüchen kommen. Sie stehen aber im Verhältnis zu den vielen Reisenden, die dafür pünktlich sind.
Entschieden ist noch nichts. Das Pilotprojekt läuft bis Ende Jahr. Bilanz werde erst im nächsten Jahr gezogen. Dann entscheidet die SBB, ob und wie lange in Zukunft Anschlusszüge eine Verspätung noch abwarten müssen.