Der aktuelle Vorschlag kurz zusammengefasst:
- Regierungsparteien: 225'000 Unterschriften (4 Prozent der Stimmberechtigten)
- Parteien mit Fraktionsgrösse: 165'000 Unterschriften (3 Prozent)
- Alle anderen Organisationen: 112'000 Unterschriften (2 Prozent).
Vor Wahlen werden immer mehr Volksinitiativen lanciert. Das deute klar darauf hin, dass die Initiativen dafür benutzt würden, Werbung für eine Partei zu machen, sagt Politikwissenschaftler Joachim Blatter.
Dies aber verdränge die sachliche Auseinandersetzung: «Wenn ich ein Themenfeld in einem Wahljahr besetzen kann, dann habe ich, wenn ich als Partei damit verbunden bin, schon lange gewonnen.» Die inhaltlichen Argumente zu diesem Thema seien dann gar nicht mehr so wichtig.
Initiativen verlören so ihre ursprüngliche Funktion, es auch Minderheiten zu ermöglichen, Forderungen in die Politik zu bringen. Blatter schlägt deshalb eine Reform mit Abstufungen bei der nötigen Anzahl Unterschriften vor: «Je mehr die Initiativen aus dem Zentrum der Macht kommen, umso höher sollten die Hürden für eine Initiative sein. Wenn sie vom Rand der Macht kommen, sollten die Hürden nicht so hoch sein.»
Volk müsste zustimmen
Konkret schlägt er vor, dass die Parteien, die in der Regierung vertreten sind, am meisten Signaturen sammeln müssten, nämlich rund 225'000 Unterschriften. Etwas weniger, rund 165'000, wären es für Parteien, die Fraktionsgrösse haben. Ähnlich wie heute wäre es für alle anderen Organisationen, sie benötigten gemäss dem Vorschlag Blatters etwas über 100'000 Unterschriften.
«Grundsätzlich falsche Idee»
Diesen Vorschlag machte Blatter an einer Veranstaltung an der Uni Luzern. Anwesend war auch der Aargauer SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner. Er glaubt nicht, dass die Unterschriftenzahl etwas ändern würde: «Zweihunderttausend oder dreihunderttausend Unterschriften, das spielt keine Rolle, denn die grossen Parteien bringen das hin.» Allerdings sei die Idee grundsätzlich falsch, denn: «Unsere Demokratie hat die Volksrechte eingeführt, um sie zu nutzen.»
So oder so: In jedem Fall würde das Volk darüber entscheiden, ob die Unterschriftenzahl erhöht werden soll. Und in diesem Punkt war man sich an der Uni Luzern durchaus einig: Die Erhöhung der Anzahl Unterschriften, auch nur teilweise, hätte es vor dem Volk schwer.
Angenommene Initiativen seit 1893
-
Bild 1 von 22. 1893: Schächtverbot. Die eidgenössische Volksinitiative «Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung» wurde am 20. August 1893 mit einem Ja-Stimmenanteil von 60,0 Prozent angenommen. Sie wurde von den kantonalen Tierschutzvereinen Bern und Aargau lanciert und hatte zum Ziel, das vor allem von Juden praktizierte Schächten zu verbieten. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 2 von 22. 1908: Absinthverbot. Die Initiative wurde 1905 von der Zentralstelle zur Bekämpfung des Alkoholismus lanciert. Konkret wollte die Initiative den Absinth verbieten. Der Bundesrat lehnte das Begehren ab. Sie sei ein «übereilter, wenig durchdachter, legislatorischer Versuch». Volk und Stände nahmen am 05. Juli 1908 das Begehren an – mit 63,5 Prozent. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 3 von 22. 1918: Proporzwahl des Nationalrats. Die Initiative wurde bereits im April 1913 lanciert – und zwar unter der Federführung der SP, die sich durch die bestehende Majorzwahl benachteiligt sah. Die Initiative blieb während des ersten Weltkriegs unangetastet und kam erst 1918 zur Abstimmung. Das Volk stimmte dem Begehren mit 66,8 Prozent deutlich zu. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 4 von 22. 1920: Spielbankenverbot. Mit der Abstimmung vom 21. März 1920 verbot das Schweizer Volk die Errichtung von Spielbanken. Als Spielbank war gemäss Initianten jede Unternehmung anzusehen, welche Glückspiele betreibt. Die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Spielbanken mussten innert fünf Jahren geschlossen werden. Die Schweizer Bürger stimmten mit 55,2 Prozent der Initiative zu. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 5 von 22. 1921: Staatsvertragsreferendum. Staatsverträge, die mit dem Ausland abgeschlossen werden – für eine Dauer von mehr als 15 Jahren – müssen dem Volk zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden. Zu diesem Verfassungsartikel sagte das Volk am 30. Januar 1921 mit 71,3 Prozent Ja. Vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Bundesrat noch gesagt, solche Verträge seien Domäne der Regierung. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 6 von 22. 1928: Erhaltung der Kursäle. Um die Neuregelung durch die Glücksspielinitiative zu neutralisieren, wurde im März 1926 die «Kursaal-Initiative» lanciert. Der Bundesrat sollte ermächtigt werden, den Kantonen die Bewilligung für Unterhaltungsspiele in Kursälen mit einem Maximaleinsatz von zwei Franken zu erteilen. Am 02. Dezember 1928 stimmte das Volk mit 51,9 Prozent zu. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 7 von 22. 1949: Rückkehr zur direkten Demokratie. Die Initiative wurde nach dem Zweiten Weltkrieg lanciert. Es zeigte sich, dass der Bundesrat vom so genannten «Vollmachten-Regime», das er während des Krieges beansprucht hatte, nicht mehr abrücken wollte. Kurz nach dem Krieg wurden Unterschriften gesammelt. Am 11. September 1949 stimmte das Stimmvolk der Vorlage mit 50,7 Prozent knapp zu. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 8 von 22. 1982: Preisüberwachung. 1972 litt die Schweiz an einer Überhitzung der Konjunktur. Zur Dämpfung beschloss das Parlament die Überwachung von Preisen, Löhnen und Gewinnen. Der Beschluss war befristet und endete 1978. Kurz darauf wurde die Initiative «zur Verhinderung missbräuchlicher Preise» eingereicht. Am 28. November 1982 wurde sie mit 56,1 Prozent angenommen. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 9 von 22. 1987: Schutz der Moore. Bauern, WWF und ein künftiger Nationalrat lancierten die Volksinitiative gegen den Waffenplatz Rothenthurm (SZ). Hochmoore wie in Rothenthurm seien zu schützen. Der Bundesrat lehnte die Initiative ab, legte aber eine Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes vor. Dennoch: Am 06. Dezember 1987 erhielt 57,8 Prozent Ja-Stimmen. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 10 von 22. 1990: Atomkraftwerkbau-Moratorium. Am 23. September 1990 sagten die Stimmberechtigten mit 54,5 Prozent Ja zur Initiative «Stopp dem Atomkraftwerkbau». Das beschlossene Moratorium für AKW sollte zehn Jahre dauern. 2003 wurde eine Intiative, welche das AKW-Moratorium um zehn Jahre verlängern wollte, abgelehnt. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 11 von 22. 1993: 1.-August-Initiative. Die Initiative «für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag» gelangte am 26. September 1993 zur Abstimmung – und wurde von überdeutlichen 83,8 Prozent der Schweizer Stimmbürger angenommen. Sie wurde von den Schweizer Demokraten lanciert mit dem Ziel, den 1. August als arbeitsfreien Feiertag in der Bundesverfassung zu verankern. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 12 von 22. 1994: Schutz der Alpen. Die Initiative wurde vom Verein «Alpen-Initiative – Zum Schutz des Alpengebiets vor dem Transitverkehr» lanciert. Die Initianten wollten den Alpenraum vor den negativen Auswirkungen des Transitverkehrs schützen. Am 20. Februar 1994 kam die Vorlage vors Volk, welches mit 51,9 Prozent zustimmte – entgegen der Empfehlung von Bundesrat und Parlament. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 13 von 22. 2002: Beitritt zur UNO. 1986 hatte das Volk schon einmal die Möglichkeit, per Abstimmung der UNO beizutreten. Damals unterlag der Bundesbeschluss dem obligatorischen Referendum. Doch dieses scheiterte. Am 03. März 2002 gab es eine zweite Chance; diesmal handelte es sich um eine Volksinitiative. 54,6 Prozent der Schweizer Stimmbürger legten dieses Mal ein Ja in die Urne. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 14 von 22. 2004: Verwahrungs-Initiative. Im Jahr 2000 wurde die Vorlage von der Selbsthilfegruppe «Licht der Hoffnung» mit über 200‘000 Unterschriften eingereicht. Das Ziel: extrem gefährliche Sexual- und Straftäter bis an deren Lebensende zu verwahren. Bundesrat und Parlament lehnten die Initiative ab. Doch am 08. Februar 2004 wurde sie vom Stimmvolk mit 56,2 Prozent angenommen. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 15 von 22. 2005: Gentech-Moratorium. Die Initiative verlangte ein fünfjähriges Gentech-Moratorium. Zudem wollte sie ein fünfjähriges Verbot sowohl für den Import sowie für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten, vermehrungsfähigen Pflanzen und Saatgut sowie von Tieren in der Landwirtschaft. Die Vorlage kam beim Schweizer Stimmvolk durch. 55,7 Prozent sagten Ja. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 16 von 22. 2008: Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern. Die Volksinitiative gelangte am 30. November 2008 zur Abstimmung und wurde vom Schweizer Volk mit 51,9 Prozent Ja-Stimmenanteil angenommen. Die Vorlage verlangte eine Unverjährbarkeit der Strafverfolgung und der Strafe bei sexuellen und pornografischen Straftaten an Kindern vor der Pubertät. Bildquelle: Colourbox.
-
Bild 17 von 22. 2009: Anti-Minarettinitiative. Mehrere Moscheen in der Schweiz wollten ein Minarett bauen. Deshalb entstand eine Debatte darüber, wie Bauanträge von islamischen Gemeinden gehandhabt werden sollen. Die Initiative wurde 2007 von der SVP und der EDU lanciert. Am 29. November 2009 gelangte sie zur Abstimmung und wurde – entgegen allen Umfragen – mit 57,5 Prozent angenommen. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 18 von 22. 2010: Ausschaffungsinitiative. Die eidgenössische Volksinitiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer» kam ebenfalls von der SVP. Sie wurde von 52,3 Prozent aller Stimmbürger angenommen. Die Initiative verlangt die Ausweisung von rechtmässig in der Schweiz anwesenden ausländischen Staatsbürgern, die rechtskräftig für eines aus einer Liste von Delikten verurteilt wurden. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 19 von 22. 2011: Zweitwohnungs-Initiative. Eine Gemeinde soll nicht mehr als 20 Prozent Zweitwohnungen aufweisen dürfen. Das war die Idee der Initiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!». Das Ziel der Initiative: Die Ferienwohnungen dürfen nicht weiter in die Berglandschaft wuchern. Am 11. März 2011 die Überraschung: 50,6 Prozent der Schweizer Stimmbürger sagten Ja. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 20 von 22. 2013: Abzocker-Initiative. Der 03. März 2013 war der Tag von Ständerat Thomas Minder. Die Abzocker-Initiative – oder auch Minder-Initiative genannt – erreichte beim Volk einen Ja-Anteil von 67,9 Prozent. Die Initiative war eine Reaktion auf die als exorbitant empfundenen Vergütungen einzelner Manager in grossen Schweizer Unternehmen und Banken. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 21 von 22. 2014: Gegen die Masseneinwanderung. Die SVP freut sich über den Erfolg der Masseneinwanderungs-Initiative am 09. Februar 2014. Das Volksbegehren erzielte 50,3 Prozent Ja-Stimmen. Das Ziel: Die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländern in der Schweiz soll durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt werden. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 22 von 22. 2014: Pädophilen-Initiative. Die Initiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen» wurde am 18. Mai 2014 mit 63,5 Prozent angenommen. Der Bundesrat hat es sich anders gewünscht. Mit dem Ja zur Vorlage dürfen Personen, die aufgrund eines Sexualdelikts mit Kindern vorbestraft sind, nicht mehr mit Kindern arbeiten. Bildquelle: Keystone.