Die Frauendachorganisation alliance F findet keine Nachfolgerin für ihre langjährige Präsidentin Rosmarie Zapfl. Für Frauenrechtlerin Julia Onken kommt dies nicht überraschend. «Sich für Frauenrechte zu engagieren bedeutet heutzutage einen Imageverlust», sagt sie. «Wer Karriere machen will, sollte etwas anderes machen.» Die Sache der Frau sei eine Herzenssache.
Auch finanzielle Gründe spielen wohl eine Rolle. Frauenorganisationen bezahlen keine hohen Entschädigungen, weil sie kaum Geld haben – im Gegensatz zu von Männern dominierten Organisationen. «Ein Mandat in einem Verband gibt ziemlich viel Arbeit und ist gleichzeitig schlecht entlohnt», sagt CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann.
Laut Glanzmann spielt auch die Befürchtung eine Rolle, in die verstaubte Frauenecke gestellt zu werden. Es sei schwierig geworden, jemanden zu finden, der sich für die Anliegen der Frauen «exponieren wolle», sagt sie.
Elisabeth Joris, Historikerin mit dem Schwerpunkt Frauengeschichte, ist trotzdem erstaunt, dass bislang niemand für die Stelle der neuen alliance-F-Präsidentin gefunden wurde.
Wenige Gestaltungsmöglichkeiten
Der Job als alliance-F-Präsidentin sei zwar schlecht entlöhnt, aber prestigeträchtig. Und, wirft Joris in die Debatte ein, andere Organisationen hätten nicht solche Schwierigkeiten. Joris ortet ein alliance-f-spezifisches Problem. Die Gestaltungsmöglichkeiten in einem heterogenen Dachverband seien geringer als beispielsweise bei einer Frauenzentrale, der Arbeitsaufwand jedoch gross.
«Bürgerlichen Politikerinnen könnte alliance F zu links geworden sein, und linke Politikerinnen gehen lieber in kleinere, solidarische und feministische Organisationen.»
Doch auch Joris meint, dass insgesamt die Sache der Frau als nicht mehr prestigeträchtig genug betrachtet werde. Ein Engagement könne durchaus ein Karrierehemmer sein. «Sogar in linken Parteien stehen Frauenfragen nicht mehr an erster Stelle.»
Sogar in linken Parteien stehen Frauenfragen nicht mehr an erster Stelle.
Alliance-F-Präsidentin Zapfl selbst widerspricht: Für die langjährige CVP-Nationalrätin ist die harzige Suche kein Indiz dafür, dass das Engagement nachgelassen hat oder dass sich Frauen vor der Gleichstellungsecke fürchten. «Es wollen sich sehr viele Frauen engagieren. Die meisten von ihnen haben aber bereits eine Drei- oder Vierfachbelastung.»
Parlamentarische Frauengruppe stand vor dem Aus
Auch CVP-Nationalrätin Glanzmann sieht die Belastung als Hauptgrund für die Schwierigkeit, eine qualifizierte und in Bundesbern vernetzte Frau für den Posten bei alliance F zu finden. Glanzmann weiss selbst, wie schwierig es ist, eine Nachfolgerin zu finden. Sie suchte im vergangenen Jahr eine Nachfolgerin für das Präsidium der Parlamentarischen Frauengruppe.
Die Suche gestaltete sich so schwierig, dass die Auflösung der Gruppe im Raum stand. Inzwischen haben sich mit den Nationalrätinnen Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) und Yvonne Feri (SP/AG) doch noch zwei Nachfolgerinnen finden lassen.
Als die Auflösung der parlamentarischen Frauengruppe gedroht habe, habe sie sich zur Verfügung gestellt, «wenn sich niemand sonst meldet», sagt Quadranti dazu. «Die Sache ist zu wichtig.» Ähnlich lagen die Motive bei SP-Frauen-Präsidentin Feri: «Es ist wichtig, dass die Frauen im Parlament über die Parteigrenzen hinweg
über Themen diskutieren, die die Frauen betreffen», sagt sie.
Entweder-Oder
Gefragt, ob sie nicht an Zapfls Posten bei alliance F interessiert seien, winkten Quadranti wie Feri ab. Beide wiesen auf ihre vielen anderen Engagements hin. «Die Antwort ist einfach», sagt Feri lachend. «Dann müsste ich das SP-Frauen-Präsidium nach nur knapp eineinhalb Jahren schon wieder abgeben.»