Alt SP-Bundesrat Pierre Aubert ist am Mittwoch im Alter von 89 Jahren verstorben, wie die Familie am Donnerstag durch ein Bestattungsunternehmen bekanntgab. In der Landesregierung war er Aussenminister und bekleidete zweimal das Amt des Bundespräsidenten.
Studierter Jurist
Pierre Aubert wurde 1927 in La-Chaux-de-Fonds (NE) geboren. Er studierte Jura und schloss mit dem Lizenziat ab. Von 1952 bis 1977 war Aubert als selbständiger Rechtsanwalt tätig. In der gleichen Zeit war er Präsident des Rates der Universität Neuenburg.
Seine politische Karriere begann im Grossen Rat von Neuenburg, welchem er von 1961 bis 1975 angehörte. Ständerat war er von 1971 bis 1977. In den Siebzigerjahren war Aubert zudem Delegierter im Europarat in Strassburg.
Vergebliches Engagement für UNO-Beitritt
Am 7. Dezember 1977 wurde Pierre Aubert in den Bundesrat gewählt. Er gehörte der SP an und stand während seiner Amtszeit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten vor. 1983 und 1987 war Aubert Bundespräsident. Er trat 1987 zurück.
Aubert engagierte sich stark für die Entwicklungspolitik sowie für die Menschenrechte. Er setzte sich ein für einen UNO-Beitritt, welcher jedoch in der Abstimmung von 1986 zunächst abgelehnt wurde.
Er hat mich inspiriert
Mit Trauer nehme die Schweiz Kenntnis vom Tod von Alt Bundesrat Pierre Aubert, schreibt Bundespräsident Johann Schneider-Ammann in einer Würdigung. «Er wird uns fehlen.»
An der Spitze des Aussendepartements habe sich Aubert für eine offene und menschliche Schweiz eingesetzt. Für die dem Land geleisteten Dienste «schulden wir ihm Dank und Respekt», heisst es in der Erklärung des Bundespräsidenten weiter.
Persönlich habe er Pierre Aubert sehr gemocht, schrieb Schneider-Ammann. Selbst als Auberts Kräfte zu schwinden begonnen hätten, habe er nicht aufgehört, sich für alles zu interessieren, «und er hat mich inspiriert mit seinen freundschaftlichen Ratschlägen und seinem Humor».
Bei der SP nicht sehr beliebt
Weniger begeistert war die damalige SP-Fraktion mit ihrem Bundesrat Aubert: «Er war ein eher schwacher Bundesrat», sagt der ehemalige SP-Parteipräsident und Nationalrat Helmut Hubacher gegenüber Radio SRF. Aubert sei kein Meinungsmacher gewesen: «Er hat praktisch keine Rolle gespielt und das Terrain Willy Ritschard überlassen.» Dieser sei Aubert «hochüberlegen» gewesen.
Zwar habe Aussenminister Aubert als einer der ersten Bundesräte überhaupt deutlich Stellung gegen das Apartheid-Regime in Südafrika bezogen. Doch sein Elan, eine dynamische Aussenpolitik zu führen, sei rasch erlahmt. Hubacher selber forderte später in einer Fraktionssitzung sogar den Rücktritt Auberts. Doch dort habe es geheissen, so etwas mache man nicht.
Aubert selber habe ihm seine Forderung keineswegs übel genommen. «Wir hatten nach der Fraktionssitzung unser Weihnachts-Fraktionsessen. Dabei sass Aubert neben mir und schenkte mir den Wein ein. Ich dachte mir: Hätte ich den Rücktritt von Willy Ritschard gefordert, er hätte Hackfleisch aus mir gemacht. Das zeigt, Aubert war als Bundesrat eine eher schwache Figur.»