Jacques Neirynck (82), Christoph Blocher (73), Eric Voruz (68) und Susanne Leutenegger-Oberholzer (65): Sie alle haben das Pensionierungsalter bereits erreicht - sitzen aber immer noch im Parlament. Das ist Andy Tschümperlin ein Dorn im Auge. Er findet: Wer älter als 65 Jahre ist, soll sich aus der Bundespolitik zurückziehen. Das sagt Tschümperlin gegenüber «10vor10»: «Für mich ist klar, dass 65 die Alterslimite für eine parlamentarische Tätigkeit ist.»
«Geistig bin ich lange nicht der Älteste»
Gleich mehrere Parlamentarier haben diese Grenze bereits überschritten. Der Älteste von ihnen ist Jacques Neirynck (CVP,VD) mit Jahrgang 1931. Der 82-Jährige hält nicht viel von Tschümperlins Altersguillotine: «15 Prozent der Bevölkerung sind älter als 65. Tschümperlin möchte, dass diese Gruppe nicht mehr im Parlament vertreten wäre», so Neirynck.
Dies hätte zur Folge, dass sie in den Diskussionen um die Renten benachteiligt würden. Der um neun Jahre jüngere Christoph Blocher nimmt Tschümperlins Forderungen mit Humor. «Zumindest geistig bin ich lange nicht der Älteste», so Blocher. Es gebe viele, bei denen er das Gefühl habe, es seien «schon alte Philister».
24 von 245 Parlamentariern sind 65 oder älter
Seitenhieb gegen Parteikollegin
Tschümperlins Aussagen richten sich offenbar in erster Linie an Parteikollegen, allen voran wohl an Susanne Leutenegger Oberholzer. Die 65-Jährige sitzt mit Unterbrüchen schon seit 18 Jahren im Parlament und denkt nicht über einen Rücktritt nach. Im Gegenteil: Sie will in zwei Jahren die wichtige Wirtschaftskommission des Nationalrats präsidieren. Das wird in der Partei zum Teil kritisiert. Tschümperlin zu «10vor10»: «Es gibt in jedem Kanton fähige Leute, die darauf warten, ein Amt in Bern zu besetzen. Jeder Mensch ist ersetzbar.» Susanne Leutenegger Oberholzer kontert. Sie bezeichnet Tschümperlins Aussagen als Unsinn und «Affront gegenüber der älteren Bevölkerung». Im Parlament müssten alle Altersschichten vertreten sein.
Andy Tschümperlin will die über 65jährigen nicht generell aus der Politik ausschliessen. In der regionalen und kantonalen Politik seien Alte durchaus willkommen. In Bern aber spiele man in einer anderen Liga und für einen Sozialdemokraten solle hier das Pensionsalter 65 gelten.
Kanton Bern: Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren
Das Durchschnittsalter im Parlament ist gesunken. Im Nationalrat liegt es bei 50, im Ständerat bei 55. Der Anteil der über 60-Jährigen liegt heute bei 16 Prozent. Mit dem Rentenalter 65 für Politiker will Tschümperlin den Erneuerungsprozess in der Partei vorantreiben. Doch schon heute kommen die drei jüngsten Parlamentarier aus der SP. Unterstützung gibt es aber auch von dieser Seite nicht.
Nadine Masshardt verweist auf den Kanton Bern, wo eine Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren gilt. «Ein guter Ansatz», so Masshardt, der automatisch Wechsel bringe, aber keine fixe Altersgrenze kenne. «Das bietet die Chance, dass alle Generationen in einem Parlament vertreten sind.»