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Schweiz «Arena» – drei Duelle zum harten Franken

Nach der Aufhebung der Franken-Untergrenze ist die Schweizer Währung so hart wie seit Jahren nicht mehr. Kaufen nun alle im Ausland ein? Sind Schweizer Arbeitsplätze in Gefahr? Muss der Staat ein Impulsprogramm lancieren? In der «Arena» diskutieren darüber sechs Exponenten in drei Duellen.

Ein grosser Vorteil des starken Schweizer Frankens ist für Konsumenten, jetzt im Ausland günstig einzukaufen. Vernichtet das Arbeitsplätze oder ist es ökonomisch naheliegend, dort einzukaufen, wo es am günstigsten ist?

Porträts von Stefan Meierhans und Thomas Minder nebeneinander.
Legende: Stefan Meierhans, Eidg. Preisüberwacher, gegen Thomas Minder, parteiloser Ständerat SH. SRF

Unpatriotisches Verhalten?

Ist es wirklich unpatriotisch, wegen ein paar Rappen Ersparnis im Ausland einzukaufen, wie das der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder im «Sonntagsblick» sagte?

Für den Preisüberwacher Stefan Meierhans sind Konsumenten und Bürger mündig und brauchen keinen Ratschlag, wo sie einkaufen sollen.

Thomas Minder wünscht trotzdem «neben dem 1. August und der Nationalmannschaft auch einen Patriotismus mit einer volkswirtschaftlichen Komponente». Grösster Wirtschaftsmotor sei der Privatkonsum.

In der «Arena» diskutierten:

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Erstes Duell:

Stefan Meierhans , Preisüberwacher, gegen Thomas Minder , Ständerat Parteilos/SH.

Zweites Duell:

Katharina Prelicz-Huber , Vorstand Gewerkschaftsbund SGB und Präsidentin VPOD, gegen Roland A. Müller , Direktor Arbeitgeberverband.

Drittes Duell:

Susanne Leutenegger Oberholzer , Nationalrätin SP/BL, gegen Albert Rösti , Nationalrat SVP/BE.

Hilft Kartellrechts-Revision?

Für Meierhans steht im Vordergrund, dass die Bevölkerung zu fairen Preisen einkaufen kann und bei Importwaren nicht bis zu 150 Prozent mehr bezahlen muss. Viele Unternehmen verlangten immer noch den «Schweiz-Zuschlag», weil die überhöhten Importpreise auch ein Problem für KMU in der Schweiz darstellten.

Meierhans plädiert deshalb für eine Revision des Kartellgesetzes, wie sie der Vorstoss von Ständerat Hans Altherr (FDP/AR) verlangt. Damit soll erreicht werden, dass Schweizer Firmen zu den gleichen Konditionen bei den Herstellern einkaufen können wie ausländische.

Minder bezweifelt allerdings, ob eine Kartellgesetzrevision wirklich helfen würde. Das Paradebeispiel sei Denner, der jetzt im Preiskampf Coca-Cola aus Tschechien importiert. Damit werde aber keine einzige Stelle geschaffen. Denn auch in der Schweiz unterhalte der Konzern Arbeitsstellen. Zudem garantiere eine Kartellgesetz-Revision nicht, dass der Kunde wirklich ein billigeres Produkt erhalte, betont Minder. «Vielleicht verbesserte sich lediglich der Schweizer Importeur seine Marge, wenn er im Ausland billiger importieren kann.»

Meierhans weist darauf hin, dass die Konsumenten eine Marktmacht haben. Der Wettbewerb spiele heute mehr als im Vergleich zum Jahr 2011, bei der ersten Frankenstärke, wo es bis zu neun Monaten dauerte, bis sich an der Preisfront etwas verändert habe.

Wer soll bezahlen – Arbeitnehmer oder Arbeitgeber?

«Unternehmen brauchen jetzt Spielraum für Massnahmen wie Arbeitszeitverlängerungen oder Lohnsenkungen», meinte dazu der Direktor des Arbeitgeberverbands, Roland A. Müller in der «Sonntagszeitung».

Porträts von Katharina Prelicz-Huber und Roland A. Müller nebeneinander.
Legende: Katharina Prelicz-Huber, Gewerkschaftsbund und Präsidentin VPOD, gegen Roland A. Müller, Direktor Arbeitgeberverband. SRF

«Eigentlich unglaublich!», stellt Katharina Prelicz-Huber fest. Sie sitzt im Vorstand des Gewerkschaftsbundes (SGB) und ist Präsidentin des Verbands Personal der Öffentlichen Dienste (VPOD). Bei einer nachhaltigen Unternehmung müsste auch langfristig geplant werden. Zudem sei es im Obligationenrecht (Arbeitsvertrag) und auch im Freizügigkeitsabkommen mit der EU klar geregelt, dass Arbeitszeiten nicht erhöht oder Währungsveränderungen nicht auf Löhne überwälzt werden dürfen.

Diese Massnahmen stünden auch nicht jetzt sofort zur Debatte, erklärt Roland A. Müller, Direktor des Arbeitgeberverbands. Diese Punkte seien eine Aufzählung von möglichen Massnahmen, wenn einer Unternehmung das Wasser bis zum Hals stehe. Und diese könnten auch nicht ohne Sozialpartner einseitig durchgesetzt werden.

Lohndruck und Angst um den Arbeitsplatz

Prelicz-Huber weist darauf hin, dass jetzt schon vereinzelt aus Kostengründen Euro-Löhne bezahlt würden. Die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, mache indirekt sehr schnell riesigen Druck beim Mitarbeiter. Was hat es mit diesen Euro-Löhnen auf sich? Prelicz-Huber bringt es auf den Punkt: «Grenzgänger verdienen weniger für den gleichen Job als Schweizer.»

Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hat aber bereits in einem Urteil festgehalten, dass der schwache Euro-Kurs kein sachlicher Grund sei, einseitig nur den Grenzgängern die Löhne zu senken.

Das Thema sei delikat, so Müller, weil Grenzgänger und Schweizer so unterschiedliche Lohnniveaus erhielten. Zu bedenken sei, dass Grenzgänger in ihrem Heimatland auch tiefere Lebenshaltungskosten hätten.

Was kann die Politik machen?

«Es braucht eine neue Nationalbankpolitik. Jordan und seine Equipe müssen weg», sagte Susanne Leutenegger Oberholzer, Nationalrätin SP/BL im «Bund». In der «Arena» betont sie, der Mindestkurs sei eine riesige Erfolgsgeschichte gewesen: «Er gab Rechtssicherheit und eine wirtschaftliche Erholung. Der SNB-Entscheid ist ökonomisch nicht begründet, hat panikartige Züge und ist widerrechtlich.»

Porträts von Susanne Leutenegger Oberholzer und Albert Rösti nebeneinander.
Legende: Susanne Leutenegger Oberholzer, Nationalrätin SP/BL, gegen Albert Rösti, Nationalrat SVP/BE. SRF

Der Berner SVP-Nationalrat Albert Rösti findet, es sei nicht die Rolle der Politik, der Nationalbank dreinzureden. «SNB-Präsident Jordan hat ein klares Zeichen gegeben für die Unabhängigkeit der Schweiz.»

95 Prozent der Unternehmen seien vom fixen Frankenkurs ausgegangen. Vielleicht hätten sie sich dabei in falscher Sicherheit gewogen, denn zwei Drittel der Stellen seit 2008 seien im öffentlichen Sektor entstanden, während die Industrie keine Stellen habe schaffen können.

Von einer staatlichen Intervention will Rösti nichts wissen. Viel mehr brauche es jetzt eine Deregulierung. Wichtig sei, «dass die Arbeitsstückkosten nicht steigen». So wie jetzt bei den Unternehmen jeder Kostenfaktor untersucht werde, müsse auch der Staat die Kosten, die dafür bei den Unternehmen anfallen, überprüfen. Rösti plädiert also vor allem für weniger Vorschriften.

Kostensenkungen und vernünftiger Wechselkurs

Leutenegger Oberholzer hält es für absolut zentral, dass bei exportorientierten Unternehmungen Währungsgewinne weitergegeben werden, um Kosten senken zu können. Viele Vorleistungen seien zu überhöhten Preisen in die Schweiz geliefert worden.

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Für den Tourismus besteht der Vorschlag, für die Dauer eines Jahres die Mehrwertsteuer zu erlassen. Für das Gastgewerbe würde das 1,2 Milliarden Franken und für den Tourismus 261 Millionen Einsparungen ausmachen. Dieser Steuererlass würde nach Meinung von Leutenegger Oberholzer aber einfach verpuffen. «Das grösste Problem im Tourismus sind die hohen Beschaffungskosten, z.B. für Nahrungsmittel.»

Ihren Kontrahenten Rösti fordert sie dazu auf, in erster Linie gemeinsam für einen vernünftigen Wechselkurs zu kämpfen. Ein Wechselkurs von 1,15 Franken zum Euro sei das Minimum.

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