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Schweiz «Arena»: Druck auf Bankgeheimnis wächst

Ist das Bankgeheimnis überholt? Fakt ist: Das Ausland übt mehr und mehr Druck aus. Kann die Schweiz dem standhalten? Mit welcher Strategie? Und: Lohnt es sich überhaupt, am Mythos Bankgeheimnis festzuhalten? In der «Arena» wurde vom Bundesrat mehr Mut gefordert.

Der Fall Uli Hoeness sorgte in der vergangenen Woche für Schlagzeilen. Der Präsident des FC Bayern Münchens hat offenbar Steuern hinterzogen über ein Konto in der Schweiz.

Für SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer kam die Enthüllung nicht sehr überraschend. «Herr Hoeness ist bei weitem kein Einzelfall. Der Steuerbetrug wurde nun bei einer prominenten Person bekannt. Aber das Personen aus Deutschland und aus andern Staaten Konten in der Schweiz haben, um die Steuerbehörde zu täuschen ist ja nicht neu.» Leutenegger kämpft schon lange für einen sauberen Schweizer Finanzplatz und freue sich, dass schrittweise immer mehr Forderungen erfüllt werden.

In der «Arena» diskutierten

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Hingegen sieht Gabi Huber, Fraktionschefin der FDP keinen Anlass, nun mit dem Finger auf die Schweiz zu zeigen. «Es ist in erster Linie ein Problem für Uli Hoeness. Sein Ruf ist beschädigt. Das nun die Schweiz daran schuld sein soll, ist störend.»

Mauern oder Mitmachen?

Klar ist, dass das Schweizer Bankgeheimnis durch den Fall Hoeness und durch weitere Vorkommnisse innerhalb der EU immer mehr unter Druck gerät. Es scheint nur noch ein Frage der Zeit, bis die EU und auch die OECD den automatischen Informationsaustausch (AIA) von Bankdaten einführen. Wie soll die Schweiz auf diesen Druck reagieren, fragt «Arena»-Moderator Urs Wiedmer in die Runde? Die Einschätzungen sind unterschiedlich.

Thomas Matter, Präsident der neuen Helvetischen Bank und SVP-Mitglied will sich nicht unter Druck setzen lassen. «Die EU kann machen, was sie will. Wir sind ein unabhängiger Staat und ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Schweizer den automatischen Informationsaustausch will.» Dieser sei ein Schritt hin zum gläsernen Bürger, der keine Privatsphäre mehr habe.

Anders sieht dies Susanne Leutenegger Oberholzer. «Es ist klar, dass der automatische Informationsaustausch kommt. Da ist es doch keine Strategie, immer nur zu mauern. Wir werden besser selbst aktiv und bringen uns in den entsprechenden Gremien ein. So können wir den Informationsaustausch mitgestalten und schauen, dass es eben nicht zum gläsernen Bürger wird.»

Internationale Dynamik unterschätzt

Martin Landolt, Präsident der BDP und politischer Berater der UBS sieht eine unglaubliche Dynamik in der Debatte in den letzten Wochen. «Dass es im Ausland so schnell geht, dass der Informationsaustausch eingeführt wird, damit haben wir nicht gerechnet.» Wenn der AIA global eingeführt werde, gebe es keinen Grund für die Schweiz, nicht mitzumachen. «Wir werden uns auf die Dauer dem Druck nicht entziehen können.» Aber ein Informationsaustausch sei noch keine Aufgabe des Bankgeheimnisses.

Gabi Huber ärgert sich darüber, dass der Bundesrat im Alleingang Zugeständnisse macht. «Das Parlament wird übergangen und scheibchenweise wird vom Bundesrat alles preisgegeben», kritisiert Huber an die Adresse von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.

Eigene Interessen knallhart verteidigen

Nationalrat Gerhard Pfister von der CVP ist überzeigt, dass sich die Schweiz nicht immer präventiv anpassen muss, sondern Widerstand leisten soll. «Andere Länder vertreten ihre Interessen knallhart. Einige unserer Mitkonkurrenten auf dem Finanzmarkt sind nicht in der EU oder der OECD. Singapur beispielsweise ist nirgendwo dabei. Wenn wir uns zu früh bewegen, erleiden wir einen Wettbewerbsnachteil.»

Martin Bäumle, Präsident der Grünliberalen schlägt in dieselbe Kerbe: «Wir erfüllen heute mehr Bedingungen als viele andere. Wir gehen zu oft gehorsam voraus und machen immer alles, was von uns verlangt wird. Das ist nicht erfolgsversprechend. Es ist die Aufgabe der Regierung zu verhandeln, was es für Möglichkeiten gibt.»

«Schweiz kann nicht alleine entscheiden»

Für Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen ist klar: «Wir sind ein Teil eines grossen System und es ist absolut unmöglich, uns zurückzuziehen ins eigene Gärtchen. Das mag vor ein paar Jahrzehnten noch gegangen sein, heute ist es eine verantwortungslose Politik. Wir können nicht warten, bis die anderen etwas tun, wir müssen uns bewegen, sonst wird es noch viele Fälle wie Hoeness geben.»

Die Sicht der Wissenschaft vertrat Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht. Er ruft auf, die Realität zu beachten. «Der automatische Informationsaustausch wird kommen. Spätestens in fünf Jahren wird er eingeführt werden. Auch mir gefallen zwar die patriotischen Durchhalteparolen. Aber in der Realität wird die Schweiz nicht mehr alleine bestimmen können.»

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