HarmoS hat die Vereinheitlichung des Schulsystems auf Volksschulsstufe zum Ziel. Doch ist die Reform eine Erfolgsstory oder ein Fehlschlag? Sechs Jahre nach seiner Etablierung ist HarmoS umstrittener denn je – und damit ein Thema für die «Arena».
An den Lehrern liegt es nicht
In einem Punkt sind sich die Diskutanten einig: Stellten ausgewählte Studien den Schweizer Schulen ein mässig gutes Zeugnis aus, könne dieses Resultat nicht an den Lehrern liegen.
Die Politik sei schuld, sagte Nationalrätin Verena Herzog (SVP/TG), nicht die Lehrkräfte. Und auch Christoph Eymann, Präsident der Erziehungsdirektoren, sagt, dass die Lehrer eine «hervorragende Leistung» erbringen.
Uneinig sind sich die vier Gäste in der «Arena» hingegen in der Frage, inwieweit HarmoS wirklich für Einheit sorge. Eymann wertet die Reform als Chance, den Kantönligeist zu überwinden.
Aber Rockmusiker Chris von Rohr sieht durch die sukzessiven Reformbestrebungen erst Unruhe in die bestehende Ordnung gebracht.
Frage der Fremdsprachen
Uneinigkeit besteht auch in der Frage nach dem Erlernen von Fremdsprachen: Für einmal steht aber weniger die Priorität im Vordergrund – der Punkt, ob Englisch oder einer Landessprache der Vorzug einzuräumen sei.
Strittig ist stattdessen die Frage, ob zwei Fremdsprachen auf Volksschulstufe für die Kinder nicht grundsätzlich eine Überforderung bedeute. Verena Herzog meint, dass Kinder im Erlernen von Deutsch und Mathematik genug Probleme hätten.
Dagegen wünscht sich Nationalrätin Chantal Galladé (SP/ZH), dass man die Vielsprachigkeit – auch zum Austausch von Kulturen – noch weiter entwickle. Grundsätzlich spricht sie sich in der Frage nach den Fremdsprachen aber für die mit HarmoS eröffnete Wahlfreiheit aus.
Streitpunkt Lehrplan 21
Für den Lehrplan 21 bricht Experte Beat Zemp, Präsident des schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (LCH), eine Lanze. Die Kinder würden der internationalen Konkurrenz standhalten, wenn sie statt bares Wissen auch Kompetenzen erlernten.
Doch weder von Rohr noch Herzog können sich für den Lehrplan 21 erwärmen. Von Rohr macht ihn für die hohe Zahl an Burnouts bei den Lehrern mitverantwortlich. Und Herzog erachtet den Lehrplan nicht als der Mühe wert: Schon vor HarmoS habe man auf Kompetenzen gesetzt. «Warum muss man das jetzt in einem Buch niederschreiben?»
Was sollen Kinder lernen?
Die Diskussion läuft damit auf die Frage hinaus, was die Kinder in der Schule eigentlich lernen sollen. Herzog bedauert, dass heute viele Handwerker-Berufe nicht mehr besetzt werden können. Sie fordert deshalb, dass man Schüler derart ausbildet, dass man sie «brauchen kann». Galladé hält entgegen, dass ein Kind nicht auf einen Beruf «abzurichten» sei, sondern in der Vielfalt fürs Leben lernen möge.
Der Eindruck von Herzog und von Rohr, dass die Volksschule teuer, aber nicht effizient sei, muss Eymann korrigieren: 95 Prozent der Schweizer Schüler würden auf Sekundarstufe 2 abschliessen. Insofern sei die Schweiz im internationalen Vergleich «top».
Eine unerlässliche Klammer für das Land
Eyman schreibt der öffentlichen Schule weiter einen Wert zu, den private Schulen nicht leisten könnten: «Die Volksschule ist praktisch noch die einzige Klammer für die gesamte Bevölkerung, die dieses Land hat.» Denn das Welschlandjahr gebe es nicht mehr, und auch die Rekrutenschule habe an Bedeutung verloren.
Ferner sei die Durchlässigkeit die Errungenschaft, der sich die reformierte Volksschule rühmen kann. Nicht jedes Kind weise die gleiche Lerngeschwindigkeit auf. Und HarmoS mache es heute möglich, dass ein Handwerker auch noch an die Uni gehen kann.
Die Diskutanten in der «Arena» erinnern sich im Verlauf der Sendung lebhaft an ihre eigene Schulzeit zurück. Grund genug für Moderator Jonas Projer, die Gäste mit einer pikanten letzten Frage in diese schon länger vergangene Zeit zurückzuversetzen.