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Schweiz «Arena»: Ist ein Kopftuchverbot sinnvoll oder diskriminierend?

Was wiegt an der Schule schwerer – die verfassungsrechtliche Religionsfreiheit oder Kleidervorschriften? Mit dieser Frage müssen sich bald die Richter des Bundesgerichts befassen. Seit Jahrzehnten wird die Frage immer wieder heftig debattiert. Nun auch in der Sendung «Arena».

Seit vergangener Woche ist die Primarschule Au-Heerbrug (SG) schweizweit bekannt. Naimo und Nafiso aus Somalia wurden wegen ihres Kopftuchs von der Schule verwiesen. Die beiden Mädchen besuchten einen Integrationskurs. Jeweils nachmittags sollten sie zur Vorbereitung auf den ordentlichen Schuleintritt am normalen Unterricht teilnehmen.

Die Teilnehmer

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  • Yvonne Gilli, Nationalrätin Grüne/SG
  • Julia Onken, Feministin, Buchautorin
  • Zehra Özdemir, Muslimin
  • Lukas Reimann, Nationalrat SVP/SG

Die ganzen Integrationsmassnahmen verpufften, als sich die muslimischen Mädchen weigerten ihre Kopftücher abzulegen. Wenige Tage nach dem Eklat setzte die Schulleitung die geltende Bestimmung ausser Kraft.

Für die Umsetzung der kantonalen Richtlinien fehle die rechtliche Basis, sagte der Präsident der Primarschule Au-Heerbrugg.

Stören Kopftücher im Schulunterricht? Oder ist ein Kopftuchverbot diskriminierend und verstösst gegen die Religionsfreiheit? Diese Fragen wurden in der «Arena» kontrovers diskutiert.

Toleranz oder Anpassung

«Ein Kopftuch ist keine Bedrohung, weder für die Mitschüler noch die Lehrer», sagte die Muslimin Zehra Özdemir. Sie selbst trage seit nunmehr rund 15 Jahren aus religiöser Überzeugung ein Kopftuch. Mangelnde Integration könne ihr nicht vorgeworfen werden. Sie habe sämtliche Schule in der Schweiz besucht.

In der Schweiz leben über 350‘000 Muslime. Fälle, wie jener von Au-Heerbrugg seien eine Seltenheit. Diese Kinder hätten daher durchaus das Recht auf ihr Kopftuch.

Das Recht wollte Feministen und Buchautorun Julia Onken Naimo und Nafiso nicht absprechen. Sie bezweifelt allerdings die Freiwilligkeit der beiden Kinder. Hier ortet Onken Handlungsbedarf. «Die Eltern brauchen Unterstützung, damit die Kinder nicht in einem Wertekanon aufwachsen». Der Appell richte sich nicht nur an die Gesellschaft im Allgemeinen, sondern speziell an Vertreter ihrer Herkunftsländer.

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Dies sei alles gar nicht nötig, so Lukas Reimann. «Wer in ein fremdes Land kommt, muss sich den örtlichen Gegebenheiten anpassen». Das schliesse auch ein Kopftuchverbot an den öffentlichen Schulen ein. Für den SVP-Vertreter geht es nicht nur um das Tragen des Kopftuches. Viele Muslime forderten eigene Gesetze, beispielsweise in Fragen des Erbrechts oder der Sharia. Deshalb sei es zwingend nötig die geltenden Gesetze umzusetzen und keine Ausnahmen zu machen. Reimann befürchtet eine schleichende Islamisierung der Schweiz.

Kein Konsens

Während die Meinungen in Bezug auf das Kopftuchverbot ziemlich unterschiedlich ausfielen, waren sich die Diskussionsteilnehmer in der Frage der Burka einig: Die Ganzkörperverhüllung käme an Schulen nicht infrage. «Diese Verhüllungen gehen Hand in Hand mit Menschenrechtsverletzungen», sagte Yvonne Gilli.

Warten auf das Bundesgericht

Einen abschliessenden Konsens zu einem Kopftuchverbot fanden die Arena-Teilnehmer nicht. Mit der heiklen Frage muss sich nun das Bundesgericht beschäftigen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hatte im vergangenen Jahr das Kopftuchverbot der Schule als unverhältnismässig beurteilt. Die Schule rekurrierte und reichte Beschwerde in Lausanne ein. Erst mit dem Urteil des Bundesgerichts wird sich diese Frage wohl endgültig klären.

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