Zum Inhalt springen

Schweiz «Arena»: Wie ungerecht ist die Schweiz?

Wie soll die Schweiz die Herausforderungen der Zukunft meistern: Mit mehr staatlicher Regulierung oder mehr Kapitalismus? Die SP will mit ihrem neuen Programm den Kapitalismus aufweichen, die FDP wirft ihr ein altmodisches Denken vor. Die Diskussion in der «Arena».

«Ich komme mir vor wie bei ‹Back to the Future›», meinte FDP-Präsidentin Petra Gössi zum Start der «Arena». Und mit diesem angriffigen Ton ging es während der ganzen 75 Minuten weiter: Die beiden Lager schienen sich nicht einig zu werden, sei es beim Inhalt des neuen SP-Parteiprogrammes, der Lohnschere innerhalb der Schweiz oder den Lösungsvorschlägen, um den Schweizer Bürgern existenzielle Ängste zu nehmen.

In der «Arena» diskutieren

Box aufklappen Box zuklappen

Beschwört die SP mit ihrem neuen Parteiprogramm einen Klassenkampf hervor? Will sie gar den Kapitalismus bodigen?

Eine Übertreibung, meinte deren Präsident Christian Levrat : «Warum würde es nicht funktionieren, wenn wir den Leuten etwas mehr Mitbestimmung geben? Wir wollen überall mitbestimmen – in der Demokratie, als Konsumenten, bei Familienmodellen. Und weshalb sollte es genau dort keine Mitbestimmung geben, wo die Leute die Hälfte ihrer Zeit verbringen, am Arbeitsplatz?»

Nicht nur Rendite im Fokus

Mit der Mitbestimmung möchte die SP dafür sorgen, dass Arbeitnehmer in Verwaltungsräten von grösseren Firmen Einsitz nehmen. Damit die Entscheidungen nicht allein «von Aktionären, die immer noch höhere Renditen verlangen», gefällt werden, wie Levrat erklärt.

Ein ungangbares Modell, meint Nationalrätin Petra Gössi : «Mit diesem Programm machen Sie unser ganzes Wirtschaftsgefüge kaputt.» Die Schweizer Wirtschaft fusse auf Wachstum. Mit solchen Bestimmungen, gar Gesetzen, drohten Firmen die Schweiz zu verlassen – und mit ihnen die Arbeitsplätze. «Die Frage müsste sein: Wie kann man die Armut bekämpfen?» Die Antwort ist für Gössi klar: mit einer starken Wirtschaft.

Mehr zum Thema

Ebenfalls nichts mit staatlichen Regulierungen anfangen kann Franz Jaeger : Der emeritierte Ökonomieprofessor kritisiert das SP-Programm scharf: «Das ist Planwirtschaft, das ist Sozialismus. Das funktioniert nicht.» Das jetzige System, das unbestrittenermassen gewisse Vorteile für reiche Schweizer mit sich bringe, findet er gut: «Reiche Leute zahlen trotz allem sehr viele Steuern und sehr oft unterstützen sie privat soziale oder kulturelle Bereiche.»

Der Zürcher Gemeinderat Niklaus Scherr von der Alternativen Liste sieht aber darin auch das grosse Problem: «Wer viel Vermögen hat, hat auch eine gewisse Macht. Das Huhn, das die goldenen Eier legt, muss man schliesslich gut behandeln.» Eben genau mit Privilegien, die für eine Ungleichbehandlung sorgen. Leidtragender sei meist der Mittelstand.

Schweizer haben Angst um ihre Zukunft

Diskutieren Sie mit!

Box aufklappen Box zuklappen

Teilen Sie Ihre Meinung im «Arena-Forum» mit.

Und auch Scherr kritisierte den Ton, den die bürgerliche Seite der Diskussionsrunde anschlug: «Jeder, der versucht, über diesen angeblich so alternativlosen Kapitalismus hinaus einen Gedanken zu verschwenden, der wird hier abgestraft.» Dabei sei die Gesellschaft doch in einem Umbruch, dabei sei es doch zwingend nötig, den Menschen die Angst um ihre Zukunft zu nehmen.

Die Diskussion war wohl auch eine Einstimmung auf die Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III, die im Februar 2017 stattfinden wird. Die Positionen der «Arena»-Gäste könnten nicht klarer oder auch unterschiedlicher sein: «Ein riesen Steuerbeschiss auf Kosten des Mittelstandes», nennt es Christian Levrat. «Die Schweiz hat ein Rosinenpicker-System bei den Steuern entwickelt. Mit der Reform werden jetzt einfach die alten Zückerchen durch neue ersetzt», meint Niklaus Scherr.

Rezept gegen Armut

Dennoch findet Franz Jaeger, dass die Reform dringend nötig ist: «Es betrifft international tätige Unternehmen, die heute Abend sagen können, dass sie morgen weg sind. Und die immerhin 5,5 Milliarden Steuereinnahmen bringen», so der Ökonom.

«Es sind keine Steuererleichterungen oder Zückerchen», findet gar Petra Gössi. «Das Ziel ist, dass jeder Kanton mit seinen unterschiedlichen Interessen wettbewerbsfähig bleibt. Und die Unternehmenssteuern sollen tiefer werden, damit wir keine Arbeitsplätze verlieren.» Denn das sei das Rezept, um Armut und Ungerechtigkeiten zu verhindern.

Meistgelesene Artikel