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Schweiz «Arena» zur zweiten Gotthardröhre: Vernunft oder Luxus?

Der Gotthard-Strassentunnel muss saniert werden. Braucht es dafür eine zweite Röhre? In einer hitzigen Debatte in der «Arena» kreuzten Verkehrspolitiker von links bis rechts die Klingen.

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Der Gotthard-Strassentunnel ist nach 33 Jahren veraltet. Er muss deshalb bald saniert und zu diesem Zweck geschlossen werden. Für den Bundesrat ist klar, dafür braucht es eine zweite Röhre.

Der Plan: Bis etwa 2027 wird der zweite Tunnel gebaut, rund drei Jahre rollt der Verkehr durch das neue Loch. Ab 2030 werden dann beide Röhren genutzt – allerdings nur einspurig. Es soll also nicht mehr Verkehr geben als vorher.

Vier Stunden lang debattierte der Ständerat am Donnerstag über den Vorschlag des Bundesrats – ohne Entscheid. In der «Arena» wurde 75 Minuten lang hitzig weiter diskutiert.

«Wir Tessiner wollen nicht abgeschottet sein»

SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner ist mit der Idee des Bundesrates zufrieden. «Das ist eine Lösung der Vernunft. Wir wollen Sicherheit. Die zweite Röhre ist während drei Jahren in Betrieb, nachher werden beide Röhren nur noch einspurig betrieben.» Giezendanner versicherte in der Sendung eidesstattlich erklären zu wollen, dass er sich nicht für eine volle Öffnung der zweiten Röhre einsetzen werde.

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Auch CVP-Fraktionschef Filippo Lombardi unterstützt das Vorhaben der zweiten Röhre: «Wir Tessiner wollen nicht drei Jahre lang abgeschottet sein. Das wäre der Fall, wenn wir die Sanierung nicht mit der flankierenden Massnahme der zweiten Röhre vornehmen würden.»

«Roter Teppich für Lastwagenflut»

Regula Rytz, die Co-Präsidentin der Grünen, kann dem bundesrätlichen Ansinnen hingegen wenig abgewinnen. Der Vorschlag sei keine gute Idee und entspräche nicht dem Volkswillen. «Das Volk hat klar ja gesagt zur Alpeninitiative – zur Verlagerung vom Transitverkehr auf die Schiene. Wenn man jetzt die zweite Gotthardröhre baut, ist der Volksentscheid ausser Kraft gesetzt und man rollt der Lastwagenflut den roten Teppich aus.» Laut Rytz ist das verfassungswidrig und viel zu teuer.

Tatsächlich steht in der Bundesverfassung: «Die Transitstrassen-Kapazität im Alpengebiet darf nicht erhöht werden.» Doch wie der Verfassungsartikel auszulegen ist, scheint unklar. Lombardi versuchte klarzustellen: «Der Verfassungsauftrag lautet: Man darf die Kapazitäten nicht erweitern, und nicht: Man darf keine zweite Röhre bauen.»

Für SP-Regierungsrat Markus Züst ist die Debatte zur zweiten Röhre scheinheilig. Der Urner sieht in der Vorlage gar einen Etikettenschwindel. «Die Angst des Kanton Uri ist, dass man auf Druck künftig die Röhren ganz öffnen muss.» Die Schweiz solle die Verkehrspolitik weiterführen wie bis anhin. Sonst laufe man in Gefahr, für die nächste Generation Mehrverkehr zu provozieren.

Der Gotthard-Strassentunnel

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Mehrverkehr für nächste Generation?

Zu reden gab in der «Arena» auch die Finanzierung des Mammut-Projekts: Die Sanierung und der Bau des neuen Tunnels kosten rund 2,8 Milliarden Franken – rund doppelt so viel, wie die Sanierung ohne zweiten Tunnel und die nötigen flankierenden Massnahmen kosten würden.

Lombardi verteidigte die Investitionen: «Wir möchten eine sichere, stabile und nachhaltige Lösung.» Man baue etwas, das Bestand habe, ergänzt Giezendanner. Für die Linke hingegen würde am falschen Ort investiert. Rytz wünschte sich als bessere Lösung während der Sanierungsphase ein Autoverlad und eine rollende Landstrasse als Provisorium – eine zweite Röhre sei viel zu teuer.

Volk hat letztes Wort

Die Debatte um die Gotthardtunnel-Sanierung geht nach dem hitzigen Schlagabtausch in der «Arena» am nächsten Donnerstag im Ständerat in die nächste Runde. Zur Diskussion stehen im Rat noch drei Rückweisungsanträge an. Mit diesen soll der Bundesrat beauftragt werden, die Verfassungsmässigkeit oder alternative Finanzierungen vertieft zu überprüfen. Das letzte Wort hat dann aber das Volk.

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