Wer Professorin oder Professor werden will, muss möglichst viel publizieren, zwingend einige Zeit im Ausland gearbeitet haben, wenn möglich an mehreren Orten und dies mindestens ein Jahr lang. Heisst es.
Nach dem Doktortitel ist nicht zwingend vor der Professur
Katharina Dittrich ist seit zwei Jahren Oberassistentin an der Universität Zürich und vertritt die Postdoktorierenden auch Postdocs genannt, also jene Wissenschaftler welche den Doktortitel erhalten haben und nun an einer Universität oder einem Forschungsinstitut befristet angestellt sind.
Ihr sei bewusst, dass für viele Aussenstehende diese Probleme der Postdocs Jammern auf hohem Niveau ist. Aber diese Unsicherheit wie und ob es überhaupt weitergehe mit der eigenen Karriere, sei nicht zu unterschätzen. «Es ist eine extreme Unsicherheit, die auch dazu führt, dass gewisse Leute diesen Weg nicht wählen.»
Zum Beispiel Martina Haug. Sie hat Biowissenschaften studiert und arbeitet heute beim Schweizerischen Nationalfonds, welcher Postdocs mit Stipendien unterstützt. Ihr war das Risiko mit der Ochsentour im Ausland zu gross. Deshalb hat sie auf eine universitäre Karriere verzichtet. «In meinem Bereich ist es extrem wichtig, dass man mobil gewesen ist. Für mich war klar, wenn ich nicht ins Ausland gehe, ist dieser Karriereweg eigentlich fertig.»
Karrierenende mit 45?
Die hohe Flexibilität, welche diese Mobilität verlangt, ist das eine. Für viele ist aber auch die nachfolgende Unsicherheit zu gross, denn befristete Verträge für Postdocs an der Uni sind die Regel. Man befindet sich gewissermassen in einer Dauerqualifikationsphasse und weiss nicht ob es am Ende für die Professur reicht.
So muss man damit rechnen, dass mit 40 oder 45 Jahren die universitäre Karriere abrupt endet und man sich in der Privatwirtschaft umsehen muss. Für viele ist das ein zu grosses Risiko. Um für etwas mehr Sicherheit zu sorgen, müssten die Anstellungsbedingungen an den Universitäten angepasst werden, fordert deshalb Postdoc-Vertreterin Katharina Dittrich: «Man sollte Stellen schaffen, die nicht befristet sind und man sollte vielleicht auch mal das Lehrstuhlsystem überdenken.» Sie meint, man sollte mehr Professuren schaffen und dafür sonst weniger Leute an der Uni anstellen. Das koste weniger Geld als ein ganzer Lehrstuhl.
Solche und ähnliche Modelle sind in anderen Ländern wie Grossbritannien, Frankreich und Schweden längst umgesetzt. Auch in der Schweiz sei man bereits auf gutem Weg meint Beatrice Beck-Schimmer. Sie ist Anästhesiologie-Professorin und verweist auf die sogenannten Tenure-Tracks. Das sind zwar keine unbefristeten Stellen, aber die Chancen nach einer Bewährungszeit auf eine Festanstellung seien bei diesem Modell deutlich höher. Auch was die Auslandaufenthalte betreffe, sei sicher noch etwas mehr Flexibilität möglich, aber: «Wir leiden in der Schweiz auf sehr hohem Niveau. Wir haben sehr viele Gelder und sehr viele Möglichkeiten. Ein gewisses Risiko muss man eingehen.» Auch in der Privatwirtschaft gebe es keine Sicherheit, meint die Professorin.
Erfahrung in der Privatwirtschaft
Das weiss auch Katharina Dittrich. Die 32-Jährige ist seit zwei Jahren Oberassistentin für Betriebswirtschaftslehre an der Uni. Ihre Assistentenstelle ist auf insgesamt 6 Jahre befristet. Ob sie nachher eine Festanstellung erhält, ist offen. «Das ist total unsicher. Ich bin auch gewappnet, dass ich in vier Jahren nicht mehr an der Uni sein werde», sagt sie.
Vielleicht versucht sie es dann wieder in der Privatwirtschaft. Ihr Vorteil ist, dass sie bereits in früheren Jahren auf dem freien Markt Erfahrungen gesammelt hat.