Die Schweiz braucht einen besseren Kundenschutz in der Vermögensverwaltung. Das sagt die Finanzmarktaufsicht, das fordern die Konsumentenschützer – und das sehen sogar die Banken ein.
Thomas Sutter, Leiter Kommunikation der Schweizerischen Bankiervereinigung, meint dazu: «Kundenschutz ist sicher etwas Wichtiges, aber man muss das sehr sorgfältig machen.» Sorgfältig, das heisst aus Sicht der Banken: mit Zurückhaltung.
Umkehr der Beweislast
Zwei Vorschläge im neuen Finanzdienstleistungsgesetz gehen der Branche viel zu weit. Erstens soll die Beweislast umgekehrt werden. Mit dieser Neuerung müsste eine Bank beweisen, dass sie alles richtig gemacht hat, wenn ein Kunde sie verklagt. Heute ist es umgekehrt: Der Kunde muss vor Gericht den Fehler in der Beratung nachweisen.
Falsch finden die Banken zweitens auch die Idee vom Prozesskostenfonds. Mit ihm würden solche Kunden-Klagen finanziert. Das Geld dazu käme von den Banken. Thomas Sutter von der Bankiervereinigung greift zu markigen Worten: «Wichtig ist, dass man nicht ein Monstergesetz macht, bei dem es am Schluss nur Verlierer gibt. Es führt zu mehr Kosten und Streitigkeiten.» Es sorge auch dafür, dass das Misstrauen zwischen Kunden und Bank grösser werde. «Dabei sollte ein partnerschaftliches Verhältnis da sein.»
Verheerende Verluste von Kundengeldern
Partnerschaft klingt gut, doch die Realität sehe anders aus, kontert SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo. Sie ist Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz. Wenn man bedenke, was in den letzten Jahren alles passiert sei mit Verlusten von Kundengeldern. Man müsse auch an die Auswirkungen denken, wenn es um verlorene Gelder von Pensionskassen gehe. Dann komme man zum Schluss, dass man etwas tun muss. «Es gibt eine Ungleichheit der Information und der Macht. Man muss die Rechte der Kleinanleger stärken.»
Noch sei das äusserst schwierig, sagt Rechtsexperte David Rüetschi vom Bundesamt für Justiz: «Eine Bank zu verklagen braucht neben einem langen Atem auch viel Geld. Und wenn jemand das Geld nicht hat, dann führt das dazu, dass er eben nicht klagt.» Deshalb der neue Prozesskostenfonds. So schrecklich gross sei diese zusätzliche Bürde für die Banken nicht. Denn viele Banken würden sich schon heute korrekt verhalten und den Kunden entgegenkommen im Konflikt.
«Aber es gibt offenbar auch Fälle, wo man trotz offensichtlichem Fehlverhalten einfach mauert. Und auf diese Fälle zielt diese Revision.» Dort, wo wirklich Missstände sind, sollten die Ansprüche, die heute schon bestünden, durchgesetzt werden können. Seriöse Anbieter, die korrekt und fair umgehen würden mit der Kundschaft, hätten nichts zu befürchten.
Bundesgericht bereits auf dieser Linie
Auch mit Blick auf die Beweislast, die neu bei den Banken liegen soll, sehen die Experten keine neues Problem auf die Branche zukommen. Rechtsprofessor Rolf Sethe von der Universität Zürich gibt Entwarnung. Er wundert sich über den erbosten Widerstand der Banken: «Das Bundesgericht hat heute schon eine Rechtsprechung, die in diese Richtung geht.»
Vor Gericht müsse die Bank klar darlegen können, dass sie den Kunden korrekt beraten hat. Sonst verliert sie den Prozess. Durch die neue Regelung wird diese Praxis lediglich gesetzlich festgehalten. Auch in Deutschland gibt es diese Umkehr der Beweislast bereits - ein Vorbild für die Schweiz, meint Sethe. «Wir haben in der Schweiz den mündigen Anleger, den schützen wir mit so einer Regelung. Und wir haben auch die mündigen Banken, die mit einer guten Dokumentation dafür sorgen können, dass sie gut dastehen.»
Laut dem Rechtsprofessor zeigt die Erfahrung: Mit der Beweislast bei den Banken fahren beide Seiten besser.