Zwei abgewiesene Asylsuchende sind vor einem Jahr aus der Schweiz nach Sri Lanka zurückgeschafft worden. Dort wurden sie vom Fleck weg verhaftet, sie befinden sich noch immer noch im Gefängnis. Gleich zwei Gutachten kommen nun zum Schluss: Die Schweizer Behörden haben so ziemlich alles falsch gemacht.
Zu oberflächliche Befragung
Völkerrechtler Walter Kälin kritisiert die Entscheide des Bundesamtes für Migration (BFM), die beiden Asylbewerber wegzuweisen, in scharfen Worten: «Beide Entscheide sind problematisch.» Es sei schwer nachvollziehbar, weshalb die Gefährdung der beiden Betroffenen nicht erkannt worden sei.
Zudem habe das BFM mehrere Sachverhalte nicht oder falsch gewürdigt. So sei die Befragung in einem Fall zu wenig tief gegangen, die Befragung sei zu oberflächlich gewesen.
Behörden und Anwälte haben versagt
Die Leiterin des Schweizer UNHCR-Büros, Susin Park, stellt fest, das BFM habe die aktuelle Situation in Sri Lanka zu wenig berücksichtigt. Die Akten seien durch mehrere Hände gegangen, was nicht ideal sei. Zudem seien zwischen dem Asylgesuch im Jahr 2009 und dem Entscheid des BFM vier Jahre vergangen. Park kritisiert weiter, dass die Fälle vor der Wegweisung nicht noch einmal individuell überprüft worden seien.
Auch die Anwälte der beiden Tamilen hätten versagt, so Völkerrechtler Kälin. Die Rechtsvertreter hätten vor dem Bundesverwaltungsgericht wichtige Punkte nicht vorgebracht.
Fehler gemacht
Amtsdirektor Mario Gattiker betont im Gespräch mit SRF, er bedaure sehr, dass Fehler im Asylverfahren passiert seien. Wichtig sei, dass die Empfehlungen der Gutachter nun rasch und konsequent umgesetzt würden. Eine entsprechende Anweisung an die betroffenen Stellen sei bereits ergangen.
Laut Gattiker haben «verschiedene Ursachen zu diesen Fehleinschätzungen kumuliert». So sei die BFM-Einheit, welche die fraglichen Entscheide gefällt habe, zu gross gewesen. Dadurch habe die fachliche Führung und Begleitung der betreffenden Mitarbeiter gelitten.
Wieder Entscheide zu Flüchtlingen aus Sri Lanka
Ausserdem habe die Bearbeitung der Gesuche sehr lange gedauert und sie seien durch verschiedene Hände gegangen. «Und es sind auch individuelle Fehler gemacht worden bei der Prüfung der Gesuche», so der BFM-Direktor weiter. Gattiker betont aber, dass die Arbeit des BFM insgesamt von sehr guter Qualität sei. Dies beweise die sehr tiefe Quote von gutgeheissenen Beschwerden gegen BFM-Entscheide.
Nun seien die Voraussetzungen geschaffen, um ab sofort wieder Entscheide über Asylgesuche aus Srik Lanka fällen und vollziehen zu können. Alle bereits abgelehnten Asylgesuche von Tamilen würden vor deren Rückführung aber noch einmal individuell überprüft, so Gattiker weiter. Dies «im Lichte der aktuellen Lagebeurteilung in Sri Lanka und des neuen Risikoprofils».
Bei der Rückkehr verhaftet und gefoltert
Für viele Tamilen kommen die Erkenntnisse aus den beiden Berichten zu spät: Von der Wiederaufnahme der Rückschaffungen 2011 bis zur Einstellung im letzten Herbst sind bereits rund 250 Personen aus der Schweiz nach Sri Lanka zurückgekehrt – einige davon unter Zwang. Der Schweizerischen Flüchtlingshilfe sind mehrere Fälle bekannt, in welchen abgewiesenen Asylsuchenden nach ihrer Rückkehr verhaftet und gefoltert worden sind.
Auch für die Familien der seit letztem Sommer in Sri Lanka inhaftierten beiden Männer dürfte der Bericht nur ein schwacher Trost sein. Nach Angaben des BFM steht die Schweizer Botschaft in Colombo immerhin in regelmässigem Kontakt mit ihnen.