Patriarch, Chefstratege, SVP-Übervater – das alles wird Christoph Blocher auch künftig sein. Doch mit dem Amt des Nationalrats ist Ende Mai Schluss. Blocher gab heute unerwartet seinen Rücktritt bekannt. Doch gänzlich will er nicht von der politischen Bühne verschwinden.
Die wichtigsten Stationen in Blochers politischer Laufbahn
Das kam überraschend: Christoph Blocher wird per Ende Mai als Nationalrat zurücktreten. Dies gab der Zürcher SVP-Nationalrat und alt Bundesrat auf seinem Internetportal Teleblocher bekannt.
Ich vergeude zu viel Zeit im Parlament.
«Zeit ist das wichtigste Gut, und auf das will ich mich konzentrieren», äusserte sich Blocher zu den Gründen für den unerwarteten Rückzug. Er habe für sich festgestellt, dass er zu viel Zeit im Parlament vergeude.
Dies habe er in seiner zweiten Amtszeit als Nationalrat festgestellt. Er habe nicht mehr gewusst, dass es «so schlimm ist». Die Parlamentarier «machen Berichte, schreiben einander Briefe, verschiedene Kommissionen, machen Reisen, einen Haufen Sachen, die man als Parlamentarier mitmachen muss». Davon habe er nun endgültig genug. Zudem würde sich dieses Amt über die Jahre immer mehr «verbürokratisieren» und «veradministrieren».
Niemand fehlte öfter
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Christoph Blocher ist 2011 in den Nationalrat zurückgekehrt. Seither hat er dort eher durch Abwesenheit geglänzt. Gemäss einer Auswertung der Firma Politnetz hat Blocher bei 36 Prozent aller Abstimmungen unentschuldigt gefehlt.
Nachrückender Nationalrat
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Der ehemalige Chef der Swissfirst-Bank, Thomas Matter, rückt im Nationalrat für Blocher nach. Er werde das Amt annehmen, sagte der 47-jährige aus Meilen (ZH), «sonst hätte ich 2011 nicht kandidiert». Der Banker belegte bei den Nationalratswahlen 2011 auf der SVP-Liste hinter Gregor Rutz und Ernst Schibli den dritten Ersatzplatz.
Und auch den Abgeordneten stellte Blocher kein gutes Zeugnis aus. «Es gibt praktisch nur Berufsparlamentarier, die Sitzungen über nebensächliche Sachen machen.» Dabei müsste er zuweilen mit Leuten über Wirtschaftsthemen sprechen, die nicht einmal einen Bleistift verkauft hätten.
Kampf gegen die EU im Vordergrund
«Die zentralen Werte unseres Landes, welche Freiheit, Wohlfahrt und Sicherheit der Bevölkerung garantieren, sind durch die derzeitige Politik in Bern in ausserordentlichem Masse bedroht», begründete er seinen Entscheid weiter. Dies, weil Bundesrat und Parlament sich der Europäischen Union annähere.
Dass es neben dem Kampf gegen einen EU-Beitritt weitere Gründe für seinen Rücktritt gebe, verneint Blocher aber. Es sei ihm zum Beispiel nicht darum gegangen, einem Jüngeren Platz zu machen. «Das ist eine läppische Diskussion. Alt zu sein, ist keine besondere Eigenschaft, aber jung zu sein auch nicht.» Auch Spekulationen, wonach er aus gesundheitlichen Gründen zurücktrete, verneinte Blocher.
Blocher will sich nun voll und ganz auf zwei Projekte konzentrieren: das Verhindern eines EU-Beitritts und der automatischen Übernahme von EU-Recht sowie die Umsetzung der am 9. Februar vom Volk angenommenen Masseneinwanderungs-Initiative. «Um mich auf dies zu konzentrieren, muss ich das weglassen, was am wenigsten wichtig ist», sagt Blocher.
Weiter im Amt als SVP-Vizepräsident
Er habe den Entschied bereits früher gefällt und im Dezember Toni Brunner und Walter Frey ins Vertrauen gezogen. Mit der Ankündigung des Rücktritts wollte er jedoch die Wahlen der Parteigremien abwarten, damit keine Unruhe in der Partei aufkomme.
Er habe den beiden zudem versprochen, dass er Vizepräsident bleibe. Auch werde er weiterhin an Sitzungen der Partei und der SVP-Fraktion teilnehmen. Er habe den Rücktritt in einem am heutigen Freitag verschickten Brief angekündigt, unter anderem auch an SVP-Präsident Toni Brunner, sagte Blocher in seiner Videobotschaft.
Bei den Gesamterneuerungswahlen im Dezember 2007 war Blocher nach nur vier Jahren im Bundesrat abgewählt und durch Eveline Widmer-Schlumpf ersetzt worden. 2011 wurde er zum zweiten Mal für die SVP als Zürcher Nationalrat gewählt.
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