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Schweiz Bundesanwalt: «Urteil im Al-Kaida-Prozess setzt Zeichen»

Sie haben das Gastrecht der Schweiz aufs Gröbste missbraucht, ihr Verschulden wegen Internet-Propaganda für Al-Kaida wiegt schwer. Die Urteil des Bundesstrafgerichts gegen zwei Kurden bestätigt Bundesanwalt Michael Lauber in seiner Einschätzung. Doch er betont zugleich die Grenzen des Gesetzes.

Bundesanwalt Michael Lauber
Legende: Bundesanwalt Michael Lauber: «Die Gefährlichkeit dieser Propaganda ist klar anerkannt worden.» Keystone

Bundesanwalt Michael Lauber war aus Bern nach Bellinzona gekommen, um das Urteil aus erster Hand zu vernehmen.

Sein erstes Fazit nach dem Urteil: «Das Urteil setzt ein Zeichen für uns.» Das Gericht habe die Anklagepunkte im Wesentlichen anerkannt und das Verschulden der Täter als schwer beurteilt. Die Gefährlichkeit dieser Propaganda sei ebenfalls klar anerkannt worden.

Der Vorsitzende Richter räumte zum Auftakt der Urteilseröffnung die hohen Erwartungen ein. Hohe Erwartungen an ein Gericht, das sich auf die real existierenden Gesetze in der Schweiz beschränken müsse.

Keine kriminelle Organisation im Sinne des Gesetzes

Bereits 2007 hatte das Bundesstrafgericht erstmals Al-Kaida-Propaganda beurteilt, die von der Schweiz aus via Internet verbreitet worden war. Internet sei eine Waffe, lautete damals das Fazit. Heute schuf das Gericht Klarheit in weiteren umstrittenen Fragen.

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Aus der ursprünglichen Al-Kaida ist eine Bewegung geworden, ein Netzwerk. Und die Organisation innerhalb derer die Verurteilten agierten, bewegte sich am äusseren Rand des Al-Kaida-Netzwerks. Sie beging selber Propaganda, aber keine Gewaltverbrechen. Sie war keine kriminelle Organisation im Sinn des Gesetzgebers.

Lauber fordert flexibler Normen

Bundesanwalt Lauber drängt deshalb auf ein neues Gesetz. Ihm schwebt angesichts der sich laufend anpassenden Organisationen eine gewisse Flexibilisierung der Normen vor. Etwa im Sinne einer Etappierung zwischen organisierter Kriminalität, zwischen Banden und auch zwischen kriminellen Vereinigungen.

Hat die Schweiz ein «Dschihadisten-Problem»

Über Jahre waren die Verurteilten bestrebt, von der Schweiz aus den Heiligen Krieg zu fördern. Die Schweiz habe ein Dschihadisten-Problem, erklärte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer.

Eine generelle Lageburteilung sei aufgrund dieses Falles schwierig, sagt Lauber. Denn grundsätzlich könne das Internet immer missbraucht werden. Auch werde es immer schweriger, die schnellen Entwicklungen technisch nachzuverfolgen. Dies zeige sich auch in anderen Bereichen wie etwa beim Phishing. Das dürfe nicht unterschätzt werden.

Und man sollte die Wirkung eines Urteils wie heute nicht überschätzen: 2007 wurden in einem ganz ähnlich gelagerten Fall zwei Dschihadisten mit Wohnsitz in der Schweiz wegen Al-Kaida-Hasspropaganda via Internet verurteilt. Kurz darauf tauchten ihre Internetseiten wieder auf – mit neuen Administratoren und auf einem Server in den USA.

(brut;krua)

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