Das Bundesgericht hat entschieden, dass der Artikel 32 f. im Polizeigesetz des Kantons Zürich gestrichen werden muss. Dieser regelt die Informationsbeschaffung im Internet, unter anderem in geschlossenen Foren und Chats.
Dokumentation
Damit wird jetzt den Ermittlern im Kanton Zürich die Überwachung von geschlossenen Chatrooms erschwert, zum Beispiel für die Beobachtung von Hooligans, angedrohten Amokläufen oder möglichen Kinderschändern.
Der derzeitige Artikel 32 f. regelt die automatische Überwachung von geschlossenen Kommunikationsplattformen im Internet. Die Polizei durfte «zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit technischen Mitteln im Internet fahnden». Dazu gehört zur Feststellung von verdächtigen Inhalten auch die Fahndung auf Plattformen mit beschränktem Benutzerkreis, in sogenannten «Closed User Groups», die nur für Mitglieder offenstehen.
Eingriff in das Fernmeldegeheimnis
Heute ist es so, dass dieser Eingriff ein Polizeioffizier nach seinem Gutdünken anordnen kann, um Straftaten wie Amokläufe, Hooliganismus, Aufrufe zu Gewalt, schwere Sexualdelikte oder Verbrechen an der Allgemeinheit zu erkennen.
Das Bundesgericht in Lausanne kam zum Schluss, dass die Informationsbeschaffung ohne richterliche Verfügung einen schweren Eingriff in das Fernmeldegeheimnis darstellt. Dieses ist durch die Verfassung geschützt.
Neu braucht es dafür statt der Anordnung durch einen Polizeioffizier eine richterliche Verfügung. Somit wird die verdeckte Ermittlung im Internet derjenigen ausserhalb des Internets gleichgestellt, wie sie in Art. 32 e geregelt ist.
Richterliche Genehmigung nötig
Nach Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht wird der «dauerhafte Einsatz» von Ermittlern erlaubt. Diese dürfen mit richterlicher Verfügung unter falscher Identität zielgerichtet Kontakt mit anderen Personen knüpfen, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Die Genehmigung erfolgt aber nur, wenn eine drohende Straftat vorliegt. Auch dürfen die Ermittler nicht im Sinne von «agents provocateurs» (Anstiftern) unterwegs sein.
Was bedeutet das konkret, beispielsweise in der Ermittlung von potentiellen Straftaten an Kindern? Ein polizeilicher Ermittler darf sich auch weiterhin in einem Chatroom als Kind ausgeben – aber nur, wenn zuvor eine richterliche Verfügung eingeholt wird.
Kanton Zürich ist zufrieden
Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr (SP) zeigte sich vor den Medien erleichtert über den Entscheid des Bundesgerichts. Auf die polizeiliche Praxis habe dies jedoch keinen Einfluss, sagte Fehr. Das Herzstück, die verdeckte Vorermittlung, sei akzeptiert worden.
Die vom Bundesgericht gerügte automatische Überwachung von geschlossenen Kommunikationsplattformen im Internet sei nicht entscheidend. Die Polizei verfüge ohnehin nicht über die technischen Möglichkeiten für diese Art von Ermittlungen. «Wir überlegen uns, ob wir die Regelung zum Einsatz von Spionage-Software in naher Zukunft überhaupt brauchen.»
Auch die Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD) der Kantone bewerten das Bundesgerichtsurteil als «im Grundsatz sehr positiv», sagte Roger Schneeberger, Generalsekretär der Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD). Um die Konsequenzen des Bundesgerichtsentscheids zu den «Closed User Groups» abzuschätzen, müsse die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden, sagte Schneeberger.
Auch Genfer Polizeigesetz kritisiert
Das Bundesgericht hat auch im Genfer Polizeigesetz wegen Eingriffen in die verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre drei Artikel gestrichen. Das Gesetz hatte für die Observation und die verdeckte Ermittlung keine Bewilligung durch ein Zwangsmassnahmengericht vorgesehen. Bei solchen Eingriffen in die Privatsphäre müsse die Verhältnismässigkeit gewährleistet werden, wie sie in der Strafprozessordnung vorgezeichnet ist, betont das Bundesgericht.