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Jemand legt ein Steuererklärungsformular in ein Hängefach.
Legende: Kritik am Zeitpunkt: Die umfassende Reform der Verrechnungssteuer muss noch warten. Keystone

Schweiz Bundesrat stoppt Reform der Verrechnungssteuer

Dass die Verrechnungssteuer reformiert werden muss, ist praktisch unbestritten. Nur: Ein konkreter Vorschlag des Bundes, wie man das machen könnte, ist auf so viel Widerstand gestossen, dass der Bundesrat die Reform nun auf Eis legt.

Mit einer grossen Reform wollte der Bundesrat die Mängel der heutigen Verrechnungssteuer beheben. Doch in der Vernehmlassung kam das Vorhaben nicht gut weg. Deshalb vertagt der Bundesrat nun das Projekt.

Aufgegeben hat die Regierung die grosse Reform aber nicht, wie es in einer Mitteilung des Finanzdepartements heisst. Zu einem späteren Zeitpunkt solle erneut geprüft werden, ob ein Umbau der Verrechnungssteuer angezeigt sei, heisst es.

Heutiges System

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Die Erhebung der Verrechnungssteuer funktioniert heute nach dem Schuldnerprinzip: Der Schuldner zieht direkt 35 % des Zinsertrags ab und überweist den Anteil der Steuerverwaltung. Die restlichen 65 % gehen an den Begünstigten. Bei korrekter Deklaration erhält dieser den Abzug später zurück.

Systemwechsel vorgeschlagen

Der Bundesrat wollte das heutige Schuldnerprinzip durch das sogenannte Zahlstellenprinzip ersetzen. Beim Zahlstellenprinzip würde der Schuldner – beispielsweise eine Gesellschaft, die Obligationen ausgibt – den gesamten Ertrag der Bank überweisen. Diese würde dann über eine Erhebung der Verrechnungssteuer entscheiden und sie den Steuerbehörden abliefern.

Mit dem Zahlstellenprinzip könnten – anders als heute – auch im Ausland erzielte Erträge erfasst werden. Voraussetzung dafür wäre, dass diese über eine Bank in der Schweiz fliessen.

Viele Vernehmlassungsteilnehmer anerkannten zwar die Vorteile des Reformvorschlags. Uneinig waren sich die Parteien und Verbände aber bei einem zusätzlichen Punkt, den der Bundesrat vorgeschlagen hatte: Einem freiwilligen teilweisen Verzicht auf das Bankgeheimnis.

Festhalten an Bankgeheimnis

Konkret schlug der Bundesrat vor, dass Personen mit Wohnsitz in der Schweiz die Bank anweisen könnten, der Steuerverwaltung den Ertrag und den Vermögenswert zu melden. Dadurch würde die automatische Besteuerung entfallen. Und die Personen müssten nicht ein Jahr auf die Rückerstattung der Steuer warten.

Bei den Parteien begrüsste die SP diese Meldeoption. Die BDP schrieb, da sie freiwillig sei, entstünden «keine Konflikte mit dem Bankkundengeheimnis». Die FDP hingegen sprach von einem «Gegensatz zum bewährten Prinzip des Bankkundengeheimnisses». Auch die SVP sprach sich dagegen aus.

Warten auf Abstimmungsergebnis

Der Bundesrat will nun das Abstimmungsergebnis zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre» abwarten, wie er in der Mitteilung weiter schreibt. Die Initiative will das Bankgeheimnis im Inland in der Verfassung verankern.

Die Vernehmlassungsteilnehmer plädierten ausserdem dafür, die Einführung des automatischen Informationsaustauschs 2017 abzuwarten. Denn der Systemwechsel birgt das Risiko, dass Personen mit Wohnsitz in der Schweiz die Steuer vermeiden, indem sie ihre Vermögenswerte zu einer ausländischen Bank verlegen – zumindest so lange der Informationsaustausch nicht eingeführt ist.

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