Arbeiten dürfen, heisst ankommen im neuen Land. Es heisst: sich integrieren. Das ist das Credo von Beat Meiner, dem Generalsekretär der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Er freut sich, dass der Bundesrat für fast die Hälfte der Asylsuchenden das heutige Arbeitsverbot streichen will: «Das ist ein ganz grosser Fortschritt.» Es entspreche dem Sinn und Geist der Neustrukturierung. Die neu angekommenen Flüchtlingen könnten sofort integriert werden, sagt Meiner.
Betroffen vom Plan des Bundesrats sind rund 40 Prozent der Asylsuchenden. Es sind jene, die auch künftig kein sogenanntes beschleunigtes, sondern ein erweitertes Verfahren durchlaufen. Meistens dürften es Menschen mit offenbar klaren Fluchtgründen sein. Deren Chancen auf Asyl sind intakt. Diese Menschen sollen von Anfang an arbeiten dürfen.
An Bedingungen geknüpft
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Heute gilt eine Sperrfrist von mindestens drei Monaten. In der Praxis dauert das Verbot häufig mit sechs Monaten gar doppelt so lang. Mario Gattiker, Direktor des Bundesamts für Migration, sagt: «Im erweiterten Verfahren können Personen arbeiten, wenn sie eine Stelle finden, die nicht anderweitig besetzt werden kann.»
Gattiker relativiert also und dämpft damit die Erwartungen. Die erste Bedingung: Asylsuchende würden nur dann eine Stelle erhalten, wenn sich kein Schweizer, kein EU-Bürger und überhaupt kein Ausländer mit einer festen Aufenthaltsbewilligung für den Job finden liesse.
Die zweite Bedingung: Die Kantone sollen frei entscheiden können, ob Asylsuchende bei ihnen überall oder nur in bestimmten Branchen arbeiten dürfen – beispielsweise im Gastgewerbe oder in der Landwirtschaft.
Bundesrat mit Kalkül
Trotzdem setzt der Bundesrat mit der Gesetzesrevision darauf, dass wesentlich mehr Asylsuchende arbeiten würden als noch heute. Die Lockerung des Arbeitsverbots könne den Bund finanziell entlasten, schreibt die Landesregierung in ihren Unterlagen zur Asylreform. Das Kalkül des Bundesrats lautet: Wer arbeitet, braucht weniger oder gar keine staatliche Unterstützung.
Widerstand der Bürgerlichen
Beschlossene Sache ist die Streichung des Arbeitsverbots aber noch nicht. Das Parlament wird entscheiden. Und hier zeichnet sich Widerstand ab. Die SVP sagt auf Anfrage kategorisch Nein zur Streichung des Arbeitsverbots. Auch CVP-Nationalrat und Asylpolitiker Gerhard Pfister äussert sich skeptisch: «Die Attraktivität der Schweiz als Asylland steigt, wenn man die Möglichkeiten eröffnet, Arbeit zu finden. Damit schafft man Integrationsanreize auch bei Leuten, die das Land wieder verlassen müssen.» Diese würden die Schweiz aber nicht mehr verlassen, weil sie schon integriert seien. «Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn.»
Pfister wittert ein taktisches Manöver von SP-Justizministerin Simonetta Sommaruga: Es gehe ihr darum, die Linke für die grosse Asylreform an Bord zu holen. Der Plan wird wahrscheinlich die bürgerlichen Parlamentarier auf den Plan rufen. Sie werden die Lockerung wohl bekämpfen.
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