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Schweiz «Das Grundproblem der SVP bleibt bestehen»

Mit Pierre Alain Schnegg hat sich der SVP-Kandidat im Kampf um den freien Regierungssitz im Kanton Bern durchgesetzt. Was bedeutet dies für den Kanton, und kann die Partei den Schwung für andere Exekutiv-Wahlen mitnehmen? Der Politologe Adrian Vatter mit Antworten.

SRF News: Was ändert sich nach Schneggs Wahl in der Berner Politik?

Adrian Vatter

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Porträt von Adrian Vatter

Der Professor für Politikwissenschaft ist seit 2009 Direktor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern. Davor war Vatter (geboren 1965 in Zürich) unter anderem als Professor an der Universität Zürich und der Universität Konstanz tätig.

Adrian Vatter: Die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament wird sich verbessern. Man hat jetzt gleiche Mehrheiten und kann Beschlüsse schneller fassen und diese dann auch umsetzen. Auf der sachpolitischen Ebene werden die Diskussionen über Steuersenkungen zunehmen. Wir werden zudem einen erhöhten Spardruck bemerken – gerade im Bildungsbereich.

Werden sich die bürgerlichen Anliegen wie Sparen und Steuersenkungen durchsetzen können?

Im Grossen und Ganzen können wir davon ausgehen, dass sich die bürgerliche Politik in den nächsten Jahren durchsetzen wird, wobei sie sich nicht grundsätzlich von der bisherigen Politik unterscheiden wird – denn es handelt sich nach wie vor um eine Konkordanzregierung. In der Energie- oder Umweltpolitik können durchaus auch rot-grüne Entscheide gefällt werden. Hier könnte BDP-Regierungsrätin Beatrice Simon das Zünglein an der Waage spielen.

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Das ist letzten Endes auch eine politische Standortfrage, ob man eher rot-grün oder bürgerlich denkt. Dass wir jetzt gleiche Mehrheiten in Regierung und Parlament haben, wird die Politik aber sicher vereinfachen. Zudem wurde ein neuer Regierungsrat gewählt, der unbelastet ist und beispielsweise die Gesundheitsdirektion übernehmen kann und hier auch eine gewisse Fachkompetenz mitbringt.

Wenn die SVP gegen andere bürgerliche Kandidaten antritt, hat sie es schwerer.

Die SVP hat nun einen Erfolg verbuchen können. Sonst tut sich die Partei bei Regierungswahlen eher schwer. Kann das Ergebnis Signalwirkung auf andere Kantone haben? Nächstens steht im Kanton St. Gallen eine Ersatzwahl an, bei der die SVP ebenfalls einen Sitz in der Regierung erobern möchte.

Es ist schon ein erstaunliches Phänomen, dass der Anteil der kantonalen Regierungssitze seit den Neunzigerjahren konstant bei etwa 15 Prozent für die SVP liegt. Der Wahlerfolg bei Parlamentswahlen ist hier nicht sichtbar.

In Bern hat vor allem auch die bürgerliche Allianz gespielt. Das heisst, weil es keine anderen bürgerlichen Kandidaten gab, hat die SVP schliesslich im zweiten Wahlgang ihren Sitz gemacht. Aber das ist eben nur dann möglich, wenn wir diese besondere Konstellation haben. Wenn die SVP gegen andere bürgerliche Kandidaten antritt, hat sie es schwerer.

Sie würden also nicht sagen, dass die SVP die Krise bei Regierungswahlen überwunden hat?

Nein, das würde ich nicht sagen. Wir haben in den letzten Monaten gesehen, dass die SVP bei Regierungsratswahlen, zumindest in den ersten Wahlgängen, nicht zulegen konnte. Die Grundproblematik, dass die SVP eine sehr polarisierende Politik betreibt und dadurch für viele bürgerlich-moderate Wähler nicht wählbar ist, bleibt weiterhin bestehen.

Das Gespräch führte Brigitte Mader.

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