Der bilaterale Weg hat sich zu einem schmalen Bergpfad verengt. Er ist steil, beschwerlich und mühsam geworden. Doch die Schweiz beharrt darauf. 120 Abkommen regeln das Verhältnis mit der EU.
Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf hat am Donnerstag den bilateralen Weg verteidigt. Er sei nicht am Ende, wie die EU behaupte. Die Europäische Union habe erkannt, dass dieser Weg weitergehe, sagte die Bundespräsidentin.
Situation überdenken
Etwas anders formuliert es Richard Jones, EU-Botschafter in der Schweiz: «Ich würde nicht sagen, dass wir die Geduld verlieren. Wir sagen aber, dass dieses Arrangement mit 120 Abkommen ohne übergeordnete Hausregeln an die Grenzen gestossen ist.» Man müsse die Situation überdenken. Damit wird deutlich: Die Vorschläge des Bundesrates, um die Abkommen besser zu verwalten, überzeugten in Brüssel nicht.
Aus EU-Sicht wird klar: Die Schweizer machten «Bemühungen» – aber keine richtigen Vorschläge. «Wir brauchen jetzt eine Lösung, die nicht nur künftige Abkommen umfasst, wie beispielsweise ein Energieabkommen, sondern auch die bestehenden», sagt Jones in der «Tagesschau». Die EU habe Probleme mit den alten Abkommen. Man befürworte eine umfassende Lösung.
Unabhängige Schiedsrichter
Wer überwacht die Regeln dieser bilateralen Abkommen im Streitfall? Dies scheint der heikelste Punkt zu sein. Der Bundesrat will ein unabhängiges nationales Organ. Die EU will einen internationalen Mechanismus.
«Denken Sie an ein Fussball-Spiel. Im EU-Binnenmarkt, der ja auch für Norwegen, Liechtenstein und Island offen ist, kommt der Schiedsrichter nicht von einem der Teams», veranschaulicht der EU-Botschafter. Man habe einen internationalen Schiedsrichter. Die Schweiz akzteptiere diesen im Moment nicht.
«Alle anderen im Binnenmarkt akzeptieren das. Sie betrachten den Binnenmarkt als multilaterales Projekt.» Und auch die Schweiz beteilige sich bei Teilen dieses Projekts. Darum brauche es auch einen internationalen Schiedsrichter, begründet Botschafter Jones.
Die Abkürzung EWR steht für den Europäischen Wirtschaftsraum. Der EWR ist eine vertiefte Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und der europäischen Freihandelsassoziation (EFTA).
Gleiche Rechte für alle
«Der EWR wurde 1992 gegründet im Wissen, dass die Schweiz mitmacht. Allerdings sagten die Schweizer in einem Referendum Nein», erinnert Jones. Der EWR wäre mit seinem Gerichtshof eine gute Lösung.
Aus Sicht der EU sei der EWR die Messlatte für eine Beziehung eines Nicht-Mitgliedstaates zum EU-Binnenmarkt. Er entspreche der Hausordnung. «Aber es ist natürlich nicht an mir, der Schweiz zu sagen, welches die Lösung sein sollte für ihr Verhältnis mit der EU. Das muss sie selber entscheiden», sagt EU-Botschafter Jones. Klar ist: Die Europäische Union sucht eine Lösung, die allen Teilnehmern gleiche Rechte verleiht und dem EWR gleichwertig ist.
Ob sich die Schweiz auf dem bilateralen Pfad weiter abmühen wird, ist offen. Für die EU liegt die Alternative auf der Hand: Doch noch sträubt sich die Schweiz gegen den Europäischen Wirtschaftsraum EWR.