13 Jahre alt und schon 40 Kilogramm zu schwer. Solche Fälle gibt es. Doch – ist wirklich jedes fünfte Kind zu dick? Josef Laimbacher, Chefarzt für Jugendmedizin am Ostschweizer Kinderspital, sagt: «Die Werte sind überhaupt nicht zu hoch angesetzt, weil wir wissen, dass die Kinder in den letzten Jahren an Muskulatur abgebaut und proportional zu viel Fett haben.»
Laimbacher kämpft seit Jahren mit anderen Ärzten dafür, dass Fettleibigkeit als Krankheit anerkannt und die Therapiekosten von den Krankenkassen übernommen werden.
Therapien werden nun bezahlt
Laimbacher drohte sogar, er werde die Schweiz sonst beim Kinderhilfswerk Unicef anprangern – mit Erfolg: Seit Anfang Jahr werden die Therapien bezahlt. Das bestätigt Oliver Peters, Vizedirektor des Bundesamtes für Gesundheit. Wissenschaftliche Studien hätten gezeigt, dass die Therapien wirkten.
«Der Schlussbericht ist noch in Ausarbeitung und die Resultate sind noch nicht publiziert. Aber man kann sagen, dass nicht nur das Gewicht der betroffenen Kinder heruntergegangen ist, sondern dass sich auch der Gesamtzustand dieser Kinder verbessert hat», so Peters.
Untersucht wurden Gruppentherapien von stark fettleibigen Kindern, die nicht nur von Ärzten, sondern auch von Psychologinnen, Ernährungs- und Bewegungstherapeutinnen betreut wurden.
Die Kosten für diese Therapien belaufen sich pro Jahr und Kind auf etwa 8500 Franken. Bezahlt werden neu auch die Kosten, wenn ein Hausarzt ein Kind in die Ernährungstherapie schickt. Das freut Chefarzt Laimbacher besonders: «So können vielleicht in der frühen Phase solche Kinder ohne einen grossen Aufwand bereits in die richtigen Bahnen geleitet werden.»
Depressionen und Gelenkschäden
Normalerweise haben die Krankenkassen keine Freude, wenn sie mehr zahlen müssen. Diese Therapien sind eine Ausnahme, denn starke Fettleibigkeit bringe fast immer auch andere Krankheiten mit sich: Depressionen, Gelenkschäden oder Diabetes, sagt Paul Rhyn, Sprecher des Krankenkassenverbandes Santésuisse: «Wenn diese verhindert werden können, dann gewinnen wir alle: Die betroffenen Personen, aber auch die Prämienzahler.»
Und: Aufgrund der bisherigen Erfahrungen gehen die Krankenkassen nicht davon aus, dass nun ein Therapieboom einsetzt.