Die heutigen Jugendlichen sind keine Revoluzzer wie jene anno 1968 – sie haben ähnliche Haltungen wie ihre Eltern. Als Hauptproblem geben die meisten die Zuwanderung an. Auch sind sie gegen einen EU-Beitritt und bekennen sich zum Militär. Sie tendieren zur politischen Mitte. Die Hälfte der befragten Jugendlichen will die Wirtschaft nicht stark einschränken, sie hat Vertrauen in den Markt.
Dies zeigt eine Befragung, welche die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen EKKJ unter fast 2000 Jugendlichen im Alter von 17-Jahren.
Drei Viertel wollen im Herbst zur Wahl
Alexandra Molinaro von der EKKJ verteidigt diese Jungen, deren Ansichten auf den ersten Blick so langweilig tönen: «Sie können ihre Meinung klar und differenziert äussern», betont sie. Ausserdem seien die Jugendlichen interessiert und würden auch mitreden wollen.
Das habe man schon allein am grossen Interesse der Befragung gesehen. Viele hätten nicht nur ihre Kreuze gesetzt, sondern auch Kommentare hingeschrieben. Dass die Jungen mitreden wollten, zeige auch ihre Absicht, an den eidgenössischen Wahlen im Herbst teilzunehmen. So gaben drei Viertel von ihnen an, dass sie an diesen, für sie ersten Wahlen als mündige Stimmbürger an die Urne gehen wollten.
Mehr politische Bildung nötig?
Das ist für Michelle Beyeler überraschend. Sie ist Dozentin an der Berner Fachhochschule und Projektleiterin der Jugend-Befragung. «Das bedeutet, dass Politik bei der heutigen Jugend nicht derart am Rand steht, wie man immer gedacht hat», sagt sie.
Die Jungen möchten aber zu verschiedenen Themen mehr wissen. Sie kreuzten auf dem Fragebogen denn auch oft «ich weiss nicht» an. Auch bei Fragen , die sie betreffen, wie etwa der Militärdienst. Das Thema EU empfanden viele 17-Jährige als komplex.
Projektleiterin Beyeler sieht Handlungsbedarf: «Politische Bildung müsste man wohl etwas weniger stiefmütterlich behandeln», sagt sie. Gerade im Hinblick darauf, dass die Jugendlichen ja bald am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen werden.
Unterschiede nach Geschlecht und Hintergrund
Die Befragung zeigt auch: «Die Jugend» gibt es nicht. So variieren die Meinungen zum Teil je nach Geschlecht, je nach Landesteil und je nach Staatsbürgerschaft. Jugendliche mit Migrationshintergrund zum Beispiel sehen ihre Zukunft weniger optimistisch als junge Schweizerinnen und Schweizer. Im Tessin haben 17-Jährige grössere Angst vor Arbeitslosigkeit als ihre gleichaltrigen Kollegen in der Deutschschweiz und in der Romandie.
Und über die Arbeitsteilung sind sich die jugendlichen Männer und Frauen nicht immer einig. In einer Familie mit einem Kleinkind solle die Mutter daheim bleiben, finden rund 30 Prozent der befragten jungen Männer.
Die Mehrheit der jungen Frauen sieht das anders. Nur gerade 15 Prozent von ihnen unterstützen dieses traditionelle Familienmodell. Stattdessen sollten sich beide Partner die Betreuung der Kinder teilen und jeweils reduziert arbeiten, finden sie. Die Geschlechterfrage wird also auch in Zukunft noch zu reden geben.