Was macht eigentlich am meisten Angst bei Ebola? Die junge Intensiv-Pflegefachfrau schweigt einen Moment. Sie hat schon einiges gesehen bei ihrer Arbeit. Dann sagt sie: «Alles. Die Ansteckung, der Tod.» Und vor allem, dass man als Pflegerin unmittelbar Kontakt zu einem Patienten habe.
Unbehagen und Angst
Die Frau fühlt sich schon beim blossen Gedanken daran, wie sie – eingepackt in einen Ganzkörper-Anzug in einem dieser Ebola-Isolationszimmer mit Doppelschleusen – einen Patienten versorgen muss, nicht wohl in ihrer Haut. «Ich hoffe, dass wir dies gar nie erleben müssen», sagt sie.
Die Vorstellung, vier Stunden in diesem Anzug zu arbeiten, sei schwierig. Und dann komme erst das schwierigste und gefährlichste am Ganzen: das Ausziehen des Schutzanzuges. Denn genau beim Ausziehen habe sich doch die spanische Krankenschwester angesteckt. Es war die erste Ebola-Infektion, die in Europa passiert ist.
Notfall-Simulation angesetzt
Drinnen, im Hörsaal des Inselspitals, stellt eine Pflegefachfrau, die auf der Intensiv-Station arbeitet, lakonisch fest, man müsse diese Anzüge halt mal ausprobieren. Professor Aris Exadaktylos, Chefarzt Notfall Erwachsene, betont, man tue, was man könne: «Bitte macht nicht uns den Vorwurf, dass wir noch nicht weiter sind.» Auch die anderen Spitäler hätten keine besseren Ideen. «Wir machen, was möglich ist.»
Und Jonas Marschall, Leiter der Spitalhygiene, versichert den Verunsicherten im Auditorium, die Schulung des Personals der Notfall- und Intensivstation habe bereits begonnen. Auch sei bald eine Simulation geplant, bei der mit einem fingierten Patienten die ganze Kette von der Einweisung als Notfall bis zur Intensiv-Pflegestation durchgespielt werde. «Wir wollen schauen: Wie läuft das ab, wo können wir etwas verbessern, wo sind noch Schwachpunkte.»
«Ruhig Blut bewahren»
Was passiert, falls sich eine Pflegende beim Ausziehen der Schutzkleidung mit dem Virus kontaminiert? Natürlich müsse in diesem Fall die betreffende Stelle desinfiziert werden, betont Marschall. Zudem sei es so, dass das Virus nicht weitergegeben werden könne, solange keine Symptome aufträten. Insofern seien auch die Angehörigen der Pflegenden nach einem solchen Vorfall nicht unmittelbar gefährdet. Über die weiteren Massnahmen entscheide im Übrigen der Kantonsarzt.
Wichtig sei jetzt, ruhig Blut zu bewahren, sagt der Spezialist für Spitalhygiene. Man mache mehr, als nötig sei. «Weil die Mitarbeitersicherheit unser höchstes Gebot ist.» Trotzdem wird in Pflegekreisen bereits ziemlich laut über die mögliche Forderung einer Gefahrenzulage für die riskante Pflege von Ebola-Kranken diskutiert. «Wir haben darüber gesprochen und finden, dass wir eine Gefahrenzulage zu gut hätten, sagt eine Pflegerin.
Personal kann nicht zur Pflege gezwungen werden
Unklar ist auch, ob das gesamte Pflegepersonal dazu verpflichtet werden kann, einen Ebola-Patienten zu betreuen. Dies geht aus der Antwort von Chefarzt Exadaktylos hervor. Die enstprechende Frage stellte eine verunsicherte Pflegerin. Streng gesetzlich ist das Fachpersonal offenbar nicht dazu verpflichtet.
Deshalb die Frage an die junge diplomierte Intensiv-Pflegefrau: Würde sie einen Ebola-Patienten freiwillig pflegen? «Ja», sagt sie überzeugt. Die Betroffenen könnten nichts dafür, dass sie diese Krankheit hätten. Die Hälfte der Infizierten überlebe das Virus, deshalb: «Ich wäre bereit, ihnen zu helfen – ganz klar.»