Der CVP-Politiker und ehemalige Vizekanzler Achille Casanova ist 74-jährig nach schwerer Krankheit gestorben. Dies hat seine Tochter bekannt gegeben.
24 Jahre lang hatte der Tessiner dem Bundesrat als Vizekanzler gedient. Er erlebte die Bundesräte Kurt Furgler und Otto Stich ebenso wie später Pascal Couchepin oder Christoph Blocher. Seine langjährige Amtszeit prägte er mit seiner Zurückhaltung und seinem diplomatischen Geschick.
Casanova war im Juli 1981 zum Vizekanzler gewählt worden. Im September 2000 wurde ihm das neu geschaffene Amt des Bundesratssprechers anvertraut. In seinen 24 Jahren als Vizekanzler nahm er an rund 1200 Sitzungen der Landesregierung teil.
Gegenüber SRF sagte Casanova nach seinem Rücktritt einmal, er habe häufig Lust verspürt, in den bundesrätlichen Beratungen seine Meinung zu sagen. Es sei «nicht immer einfach» gewesen, still zu sein.
«Unglaubliche Präsenz»
Zwei Mal – 1991 und 2000 – kandidierte Casanova erfolglos für das Kanzleramt. Bei seinem Rücktritt im Jahr 2005 sagte er, er habe 26 Bundesräte erlebt, und immer habe er deren Entscheide mit Vergnügen kommuniziert. Er sei «weder müde noch amtsmüde». Ein gutes Jahr vor seinem 65. Altersjahr wolle er den Zeitpunkt seiner Pensionierung aber lieber selber wählen, als «Opfer der Altersguillotine» zu werden.
Seine damalige Chefin, Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz, lobte damals, Casanova habe die Bundeskommunikation «mit höchster Kompetenz und unglaublicher Präsenz» geprägt. Nachfolger von Casanova wurde Oswald Sigg.
Casanova selbst wurde nach seinem Rücktritt Ombudsmann bei der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG. Er leitete die Ombudsstelle elf Jahre lang – und behandelte in dieser Zeit rund 2000 Eingaben zu Radio- und Fernsehsendungen. Erst per 1. April 2016 gab er die Leitung an Roger Blum weiter.
In Lugano aufgewachsen
Casanova war in Zürich als Sohn eines PTT-Angestellten geboren worden. Die Schule und das Gymnasium besuchte er in Lugano. Seine Studien in Bern und Freiburg schloss er 1967 mit dem Lizentiat der politischen Wissenschaften ab. Noch während seiner Studienzeit begann er seine journalistische Laufbahn. Ab 1962 arbeitete er bei der Schweizerischen Depeschenagentur (sda).
1971 wurde Casanova Verantwortlicher für Innenpolitik und Bundeshauskorrespondent beim Tessiner Fernsehen (TSI). Er wurde zudem Sonderbeauftragter der Generaldirektion SRG bei den Bundesbehörden und bei den akkreditierten Journalisten der SRG.
Der Vater zweier Kinder wurde für seine Tätigkeit als Vizekanzler und Regierungssprecher unter anderem mit dem Oertli-Preis 2005 geehrt. Er erhielt die Auszeichnung «für sein Engagement für die mehrsprachige Schweiz, für die sympathische und glaubwürdige Art und Weise, in der er auf höchster Ebene im Land die Mehrsprachigkeit der Schweiz verkörpert hat».
«Er behielt auch in Krisensituationen seinen Humor»
Der damalige Bundespräsident Samuel Schmid lobte Casanovas Gabe, souverän auf der Klaviatur der Nuancen zu spielen. Casanova habe sich mühelos durch die drei Landessprachen gehangelt und gelegentlich den Bundesrat besser aussehen lassen, als er gewesen sei: «Das haben wir sieben an Achille geschätzt.»
Er war genau der Sprecher, den man sich wünschen kann und eine Inspiration für alle seine Nachfolger, sagte der derzeitige Bundesratssprecher André Simonazzi. Dem verstorbenen Achille Casanova sei es gelungen, mithilfe seines Talents und seiner Mehrsprachigkeit der Landesregierung «ein Gesicht zu geben».
Auch der Tessiner CVP-Fraktionspräsident Filippo Lombardi äussert sein Bedauern. Er habe mit Trauer vom Tod des ehemaligen Bundesratssprecher und CVP-Mitglieds erfahren. «Achille Casanova hat Bundesbern stark geprägt». Dank seines gesunden Menschenverstandes und seiner Ausgeglichenheit habe Casanova auch in Krisensituationen seine Gelassenheit und seinen Humor behalten.
SRG-Generaldirektor Roger de Weck hat Casanova als einen «grossen Mann der Medien» und «konstruktiven Kritiker des Journalismus» gewürdigt. Casanova sei ein «unabhängiger und zum Glück unbequemer Freund des öffentlichen Medienhauses SRG» gewesen, teilte de Weck mit. Als perfekt dreisprachiger Tessiner in Bern sei er «einer der seltenen Gesamteidgenossen» gewesen.