SRF News: Was halten Sie vom geforderten Verbot von Kopfbedeckungen an Schulen?
Beat W. Zemp: Die SVP macht Gebrauch vom Initiativrecht. Das gehört zu unserer Demokratie und das Walliser Stimmvolk soll darüber entscheiden. Die Initiative macht Sinn, wenn sie nicht einfach das Kopftuch diskriminiert, sondern alle Kopfbedeckungen gleich behandelt. Dennoch bin ich überzeugt, dass es Probleme mit der bestehenden Gerichtspraxis geben wird.
Weshalb wird es Probleme geben?
Die bisherige Gerichtspraxis ist davon ausgegangen, dass muslimischen Schülerinnen das Tragen des Kopftuchs im Unterricht erlaubt ist, wenn sie sich auf die Religionsfreiheit berufen. Mit der neuen Initiative im Kanton Wallis wäre das ganz klar nicht der Fall. Deswegen ist meines Erachtens ein juristischer Konflikt vorprogrammiert.
Es würden alle Kopfbedeckungen berücksichtigt. Bei der SVP sagt man aber klar, der Auslöser sei das Kopftuch muslimischer Mädchen. Stört dieses denn im Unterricht? Ist ein Verbot aus Lehrersicht sinnvoll?
Nein, ein Kopftuch stört im Unterricht überhaupt nicht, solange die Schülerinnen auch den obligatorischen Unterricht insgesamt absolvieren können. Was wir nicht dulden, sind Dispensationen vom Schwimmunterricht oder von Klassenlagern wegen des Kopftuchs. Da sind wir hart und wir müssen das durchsetzen, weil es Teil der obligatorischen Schule ist.
So stösst man die betroffenen Schülerinnen und Schüler geradezu in private Schulen.
Wie sieht es bei den Lehrkräften aus?
Bei den Lehrkräften ist es anders, weil sie als Repräsentanten des Staates auftreten. Sie sind öffentlich-rechtlich angestellt und fungieren als Stellvertreter des Schweizerischen Staates. Das verträgt sich nicht mit dem Tragen eines Kopftuchs. Hier sind wir klar der Meinung, dass dies nicht geht.
Die SVP sagt, sie wolle keine französischen Verhältnisse und es seien politische Gründe, die sie zu dieser Initiative gebracht habe. Es sei ein Zeichen gegen die Unterwerfung der Frau. Nehmen Sie das der SVP ab?
Mit solchen Initiativen, die dann quasi Radikalverbote aussprechen, stösst man die betroffenen Schülerinnen und Schüler geradezu in private Schulen . Das ist genau das Fälscheste, was man in dieser Situation machen kann. Wir haben ein Interesse daran, dass alle Schülerinnen und Schüler in der Volksschule zusammenkommen und die Integration gelebt wird. Nicht, dass man durch solche Verbote Ausgrenzungen macht.
Auch in anderen Kantonen haben solche Vorschläge für Gesprächsstoff gesorgt. So will beispielsweise der Kantonsrat im Thurgau, dass Eltern am Unterricht für Deutsch als Zweitsprache mitbezahlen müssen. In Egerkingen gibt es ein Verbot, andere Sprachen als Deutsch auf dem Pausenplatz zu sprechen. Wie muss man diese Dinge deuten?
Es ist dem Zeitgeist geschuldet, dass wir versuchen, die Integration der ausländischen Schüler in die Schule etwas härter anzugehen. Man muss sehr genau aufpassen, was man hier für Vorschriften erlässt. Wichtig ist, dass man sowohl die Sprache spricht, als auch dass man ein Verständnis für die andere Kultur entwickeln kann. Das kann man nicht, wenn man Menschen ausgrenzt. Es ist aber wichtig, dass wir in der Schule unsere Bestimmungen durchsetzen. Das machen wir auch. Sobald das Obligatorium des Unterrichts in Frage gestellt wird, sind wir sehr hart. Wir setzen den Unterricht durch.
Das Gespräch führte Andrea Jaggi.