Von der Reha-Klinik in Zurzach über das Paracelsus-Spital in Richterswil bis zum Herz-Neuro-Zentrum in Kreuzlingen: an sechs Orten war die Krankenschwester aus Deutschland in den letzten sechs Jahren tätig. Ein schlimmer Schaden an Patienten konnte ihr bisher nicht nachgewiesen werden.
Aber hätte der «Tages-Anzeiger» ihre Hochstapelei heute nicht aufgedeckt, wäre die Frau wohl weiter als Ärztin in der Schweiz tätig.
Bundesamt wusste Bescheid
Dabei waren ihre Kollegen schon früher skeptisch geworden. Sie hatten die Frau bei den Behörden gemeldet. Das bestätigt Daniel Bach, Leiter Kommunikation beim Bundesamt für Gesundheit (BAG): «Wir sind im September 2012 auf diese falsche Ärztin aufmerksam gemacht worden. Wir haben dann eine Reihe von Abklärungen gemacht.»
Die Behörden schauten nach, ob die Frau im Berufsregister eingetragen ist und ob sie Weiterbildungen gemacht hat. Trotz negativem Befund informierten die Behörden den Zuger Kantonsarzt nicht. In diesem Kanton war die Frau damals als Fachärztin für Anästhesie und Notfallmedizin tätig.
Bach sagt dazu: «Wir würden das gerne direkt mit den Kantonsärzten diskutieren, und diese Informationen auch weitergeben. Wir dürfen das aber aus rechtlichen Gründen nicht.» Dem BAG seien bisher die Hände gebunden, aber das müsse man jetzt wohl ändern.
Damit sei die Politik gefordert: «Wir werden uns jetzt vor dem Hintergrund dieses relativ extremen Falles überlegen müssen, ob die Rechtsgrundlage nicht angepasst werden müsste. Wenn wir zu diesem Schluss kommen, dann werden wir das auf politischem Weg tun.»
Wieso keine Prüfung?
Für den Laien kaum verständlich ist nicht nur, dass die Behörden nicht miteinander kommuniziert haben – auch das Verhalten der Spitäler und Kliniken wirft Fragen auf. Sie müssen prüfen, ob eine neue Ärztin den entsprechenden Abschluss hat. Aber sie scheinen die Hochstaplerin meist ohne Berufsurkunden angestellt zu haben. Wenn die Urkunden nachverlangt wurden, wechselte die falsche Ärztin einfach die Stelle.
Die Spitäler sollten wachsamer werden, sagt Bach vom BAG. «Wir empfehlen ihnen wirklich wärmstens, insbesondere bei ausländischen Ärzten, die Diplome zu verlangen und die bei uns, bei der Medizinalberufe-Kommission, überprüfen zu lassen.» Dann könne man solche Hochstapeleien mit grosser Sicherheit entlarven. Das kommt häufiger vor als man denkt – nämlich alle paar Monate.