Erst Karriere machen, dann Kinder kriegen. Immer mehr Frauen in der Schweiz wollen sich möglichst lange im Beruf verwirklichen und erst im fortgeschrittenen Alter Kinder zur Welt bringen. Sie frieren ihren Kinderwunsch wortwörtlich ein. Möglich macht dies das sogenannte Social Freezing.
Und das geht so: Frauen lassen sich ihre Eizellen einfrieren und erst dann wieder einsetzen, wenn es ihnen aus beruflichen oder sozialen Gründen passt, Mutter zu werden. So können auch 45 oder 50-jährige Frauen noch schwanger werden. Die Methode wird kontrovers diskutiert.
Für 3000 Franken ist frau dabei
Als erste Klinik in der Schweiz bietet diesen Service ein privates österreichisches Institut in Niederuzwil/SG an. Für rund 3000 Franken können gesunde Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen als Vorsorge für ein künftiges Mutterglück. Dem Kanton St.Gallen war diese Fortpflanzungs-Methode allerdings nicht geheuer. Er wollte vom St.Galler Verwaltungsgericht Klarheit, ob diese Methode nicht gegen geltendes Recht verstösst.
Nun ist das Gericht zu einem Urteil gekommen. Demnach ist das Einfrieren von Eizellen legal, denn dies falle nicht unter das Fortpflanzungsmedizingesetz. Allerdings, fügt der St.Galler Kantonsarzt Markus Betschart an: «Die Frauen müssen sehr gut aufgeklärt werden.»
Frauen werden immer später Mutter
Dass immer mehr Frauen, ihren Kinderwunsch auf die lange Bank schieben, ist ein gesellschaftlicher Trend. Das bestätigt der Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Chefarzt am Universitäts-Spital Basel, Christian De Geyter. Wenn eine Frau aber erst mit 40 das erste Kind wolle, sei es in vielen Fällen zu spät. «Deshalb suchen Paare nach anderen Lösungen.»
Das St.Galler Urteil könnte dieser umstrittenen Fortpflanzungs-Methode nun auch in der Schweiz Tür und Tor öffnen, befürchtet Christian De Geyter. Es werde sicherlich dazu führen, dass künftig auch andere Kliniken diesen Service anbieten werden, ist er überzeugt.
Politik befasst sich mit dem Thema
Weil die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass immer mehr Frauen auf Social Freezing setzen könnten, braucht es neue Gesetze. National-und Ständerat beschäftigen sich im kommenden Frühling mit der Präimplantationsdiagnostik. Die Ständeratskommission hat das Social Freezing allerdings vom Geschäft abgekoppelt und die Beratung auf unbestimmte Zeit verschoben.
«Es ist eine Frage, die auf jeden Fall gelöst werden muss», sagt der Innerrhoder Ständerat Ivo Bischofberger. Er ist Mitglied der Wissenschaftskommission. Allerdings müsse das Thema fundiert diskutiert werden und es müssten alle Aspekte in die Gesetzgebung aufgenommen werden.
Bis anhin dürfen Eizellen in der Schweiz nur fünf Jahre gefroren aufbewahrt werden. Neu soll die Frist auf zehn Jahre verdoppelt werden. So will es der Bundesrat. Reproduktonsmediziner allerdings verfolgen ein anderes Ziel: «Nach dem 45. Lebensjahr hängen viele Komplikationen in einer Schwangerschaft mit dem Alter der Frau zusammen», sagt der Basler Chefarzt De Geyter.
Deshalb schlage die Gesellschaft für Reproduktionsmedizin vor, dieses Alter von 45 Jahren als Grenze für das Wiedereinpflanzen von Eizellen ins Gesetz aufzunehmen. Möglich sind also zwei Varianten, um das Social Freezing im Gesetz zu verankern.