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Schweiz Erbschaftssteuerabkommen: Kaum unterschrieben, schon vor dem Aus?

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und ihr französischer Amtskollege Pierre Moscovici haben in Paris ihre Unterschrift unter das überarbeitete Erbschaftssteuerabkommen gesetzt. Doch das Abkommen muss noch durchs Schweizer Parlament. Und da regt sich Widerstand.

Frankreichs Finanzminister Moscovici sagte bei der Unterzeichnung, der neue Erbschaftssteuervertrag verbessere die Transparenz zwischen der Schweiz und Frankreich. Er verhindere, dass Franzosen bestehende Lücken ausnützten und weder in Frankreich noch in der Schweiz Steuern zahlten.

Bundesrätin Widmer-Schlumpf stellte fest, die Schweiz hätte es bevorzugt, das alte Abkommen von 1953 beizubehalten. Dieses habe aber nicht mehr dem Willen Frankreichs entsprochen. «Es ist wichtig, dass wir jetzt diese Öffnung haben und diskutieren können, mit offenem Ausgang», sagte sie zu SRF.

Mit der Unterzeichnung wurde auch der Wortlaut des Abkommens öffentlich. Das Finanzdepartement hatte die wichtigsten Punkte aber bereits bekanntgegeben, als der Bundesrat Anfang Juli dieses Jahres grünes Licht für die Unterzeichnung gab.

Erbschaftssteuer auf Immobilien

Das Abkommen ermöglicht es dem französischen Fiskus, Erben mit französischem Wohnsitz auch dann zu besteuern, wenn Immobilien in der Schweiz betroffen sind. In der Schweiz wurde heftige Kritik laut, als diese Forderung Frankreichs vor rund einem Jahr bekannt wurde.

In der Folge gab es Nachverhandlungen. Doch an den Kernpunkten änderte sich nichts. Sollte das Parlament sich gegen das Abkommen aussprechen, könnte Frankreich den geltenden Vertrag aus dem Jahr 1953 auf Ende 2014 kündigen. Damit würden in der Schweiz lebende Franzosen doppelt besteuert – etwas, das der Bundesrat vermeiden möchte.

Schweiz hofft auf Goodwill

Der Bundesrat hofft zudem, dass dank dem Abkommen der Dialog in anderen Steuerfragen mit Paris weitergeführt werden kann. Dazu gehören die Pauschalbesteuerung in der Schweiz oder auch der Steuerstreit um den Flughafen Basel-Mülhausen.

FDP-Nationalrat Ruedi Noser hält nicht viel von dieser Taktik. Er sagt: «Wenn man viel geben will in der Hoffnung, dass man nachher etwas bekommt, ist das naiv. Meine Erfahrung ist, dass man das zeitgleich aushandeln muss.»

Angst vor Präzedenzfall

Was ist neu?

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Frankreich wird künftig Erbschaften von Franzosen besteuern können, auch wenn die verstorbene Person in der Schweiz gelebt hat und es sich z.B. um Immobilien in der Schweiz handelt. Allerdings kann Paris nur dann eine Erbschaftssteuer mit Bezug zur Schweiz erheben, wenn der Erbe 8 von 10 Jahren vor dem Tod des Erblassers in Frankreich wohnhaft war.

Nicht nur das Vorgehen, auch der Inhalt des Abkommens löst bei der Mehrheit der Bürgerlichen im Parlament Skepsis aus. Frankreich kann damit Erbschaften besteuern, selbst wenn der Erblasser zuletzt in der Schweiz wohnhaft war (siehe Textbox rechts).

Das wecke Ängste, sagt SVP-Nationalrat Thomas Aeschi: «Wir befürchten, dass hier ein Präzedenzfall geschaffen wird. Sodass nachher auch andere Länder kommen und das Gleiche verlangen.» Deshalb ist er der Meinung, dass das Parlament das Abkommen ablehnen sollte.

Bei der CVP sind die Meinungen noch nicht gemacht. Ständerat Konrad Graber schickt aber voraus: «Wir sind skeptisch, weil wir relativ starke Reaktionen von den Westschweizer Finanzdirektoren wahrnehmen mussten.»

Referendum wird erwartet

Das Erbschatftssteuerabkommen tritt in Kraft, wenn das Parlament zustimmt und die Referendumsfrist ungenutzt verstreicht. Doch das wird wohl nicht passieren – es sei denn, die skeptischen Ratsmitglieder lassen sich noch umstimmen.

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