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Schweiz Erstes Hotel für Patienten: Das geht ins Geld

In Lausanne hat das erste Patientenhotel der Schweiz seine Türen geöffnet. Patienten, die im Universitätsspital keine Intensivpflege mehr benötigen, können dorthin verlegt werden. Bezahlt wird per Zusatzversicherung – oder aus der eigenen Tasche.

Herzpatient Nicolas Schenk aus Yverdon ist begeistert: Statt im Spitalzimmer liegt er in einem Hotelbett und wird von Pflegefachpersonen betreut. Und die Angehörigen können ins Hotel ziehen, um dem kranken Familienmitglied Gesellschaft zu leisten.

Das neu eröffnete Patientenhotel liegt unmittelbar neben dem Universitätsspital Lausanne (CHUV). Patientinnen und Patienten, die keine Intensivpflege benötigen, können ins Hotel verlegt werden. Zur Überwachung tragen sie ein Sicherheitsarmband mit integriertem Notrufknopf , täglich kommt ein Arzt zu Besuch, Pflegepersonal kümmert sich um sie.

Das Hotel wird von der Reliva AG aus Zürich privat betrieben. Ein Dreisternehotel, das auch ganz normal buchbar ist. Knackpunkt sind die Kosten. Das Universitätsspital wirbt mit der Aussage, eine Nacht im Hotel koste bis zu dreissig Prozent weniger als eine Nacht im Spital. Trotzdem könnte es für die Patienten ein böses Erwachen geben, wenn die Hotelrechnung ins Haus flattert.

Gesundheitsökonom Willy Oggier erklärt: «Patientenhotels sind keine Spitäler und auch keine Rehabilitationskliniken. Die Leistungen sollten daher nicht miteinander verglichen werden: Der Grossteil der anfallenden Kosten – abgesehen von jenen von Arzt und Medikamenten – dürften vom Patienten oder einer allfälligen Zusatzversicherung zu zahlen sein. » Das CHUV hingegen ist überzeugt, dass der Aufenthalt über die Fallpauschale abgerechnet werden kann, also von der Grundversicherung bezahlt wird. Groupe Mutuel hat dies gegenüber RTS bestätigt.

Beim Krankenversicherungsverband Santesuisse tönt es anders: «Für die Patienten müsste klar ersichtlich sein, welche Leistungen im Patientenhotel tatsächlich von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen würden und welche nicht. In der Ausrichtung ist es in erster Linie ein Komfortangebot, das – mit Ausnahme der Akut- und Übergangspflege – weitgehend ausserhalb der Leistungspflicht des KVG liegt. »

Das CHUV benötigt dringend zusätzliche Betten, das Patientenhotel bedeutet für den Kanton deshalb eine ideale Zusammenarbeit mit einem privaten Anbieter. Vorbild sind dabei Hotels in Skandinavien und Deutschland. In Deutschland übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung zumindest teilweise die Kosten. Gesundheitsökonom Willy Oggier sagt, das schweizerische Modell gleiche dem skandinavischen – dort wird der Patient zur Kasse gebeten: «In Skandinavien steht eher die Erzielung von Mehreinnahmen für das Spital im Vordergrund, indem sich beispielsweise eine Frau nach einer ambulanten Geburt auf eigene Rechnung im Patientenhotel erholt.»

Nicolas Schenk ist einer der ersten Patienten, die sich im Patientenhotel erholen. Als ihm im Spital gesagt wurde, er könne schon wenige Tage nach seiner Herzoperation ins Hotel hinüber wechseln, war ihm das zuerst nicht geheuer. Inzwischen aber fühlt er sich gut betreut und komfortabel aufgehoben.

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