Zur Demo «Tanz dich frei» in Bern wurde via Facebook aufgerufen. Um die Organisatoren schon im Vorfeld in die Pflicht nehmen zu können, bat der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause die Verantwortlichen der Internet-Plattform um die Namen der Party-Veranstalter. Doch Facebook gab keine Antwort.
Dies sei weiter nicht erstaunlich, sagt SRF-Digitalredaktor Guido Berger. Denn laut dem in der Schweiz geltenden Gesetz muss zumindest ein Strafverfahren eingeleitet sein, damit Daten herausgegeben werden dürfen. Der Datenschutz wird also höchstens dann aufgehoben, wenn die Staatsanwaltschaft eine offizielle Untersuchung aufnimmt.
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Diese Praxis verfolgt auch Facebook. Das sei aus Sicht des sozialen Netzwerks auch zwingend, sagt Berger. «Im arabischen Frühling hätten viele Polizisten sehr gern gewusst, wer die Demonstrationen organisiert», führt er als Beispiel an.
Strafuntersuchung gegen Unbekannt eröffnet
Im Falle von «Tanz dich frei» hat die bernische Staatsanwaltschaft inzwischen tatsächlich eine Strafuntersuchung gegen Unbekannt eröffnet.
Der zuständige Staatsanwalt Christof Scheurer sagte, Facebook sei ein Ermittlungsansatz unter anderen. Er werde zu gegebener Zeit auch geprüft. Aber Priorität habe dies nicht. Zudem müsse der Tatbestand, der in diesem Fall möglicherweise zur Diskussion stehen könnte, erst noch geprüft werden.
Für Nik Schoch – er ist aufs Internet spezialisierter Rechtsanwalt – ist unklar, ob es für den vorliegenden Fall in der Schweiz überhaupt eine Rechtsgrundlage gibt. Wahrscheinlich werde erst ein überarbeitetes BÜP (Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs) eine solche schaffen, sagt er gegenüber Radio SRF.
US-Datenschutz ist hohe Hürde
Doch auch wenn der bernische Staatsanwalt zum Schluss kommt, es bestehe eine Gesetzesgrundlage, ist der Weg noch lang, um an die Daten zu kommen: Der Sitz von Facebook Europa ist in Irland. Dort würde man den Staatsanwalt wohl an die USA verweisen, wo die Server stehen – also die fraglichen Daten abgelegt sind. Entsprechend müsste er ein Rechtshilfebegehren an die USA stellen.
Ob ein solches beantwortet würde, sei offen, sagt Internet-Anwalt Nik Schoch. Denn die USA hätten sehr strenge Datenschutz-Gesetze. Eine Strafuntersuchung genüge also möglicherweise nicht für eine Herausgabe der Daten.
Selbst wenn auch diese Hürde genommen würde: Die Daten wären wohl IP-Adressen (Computeradressen), von denen aus der Facebook-Account bedient worden ist. Um über diese Adresse zur Identität von Personen zu kommen, sind weitere Abklärungen nötig, zum Beispiel bei Internet-Providern.
Dies alles brauche also einen sehr langen Atem, bilanziert SRF-Digitalredaktor Guido Berger. «Man muss von Monaten oder sogar Jahren ausgehen.» Nach den zurückhaltenden Aussagen des Berner Staatsanwalts Scheurer ist kaum damit zu rechnen, dass er diesem langwierigen Weg mit unsicherem Ergebnis Priorität einräumen wird.