Die Verteidigung von Erwin Sperisen hat zum Auftakt der Gerichtsverhandlung weitere Zeugen gefordert. Das Gericht zeigte sich unbeeindruckt und lehnte die Anträge ab. Sperisen wich vor Gericht den Fragen aus.
Der ehemalige Polizeichef Guatemalas sitzt in den nächsten drei Wochen auf der Anklagebank des Genfer Strafgerichts. Die Anklage wirft ihm vor, 2005 und 2006 die Ermordung von zehn Häftlingen befohlen, geplant und in einem Fall gar selbst begangen haben.
Obwohl die Verbrechen in Guatemala begangen wurden, wird der Fall in der Rhonestadt verhandelt. Sperisen kam 2007 nach Genf, wo sein Vater in der diplomatischen Vertretung Guatemalas an der WTO tätig ist.
Weil die Schweiz grundsätzlich keine Staatsangehörige ausliefert, kommt es in Genf zum Prozess. Im Fall einer Verurteilung drohen dem 43-Jährigen über zehn Jahre Haft. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe bisher stets.
Schleppende Befragung
Zum Prozessauftakt konnte Sperisen noch nicht zu den Tötungsdelikten befragt werden. Bei detaillierten Fragen wich er jedoch oft aus oder schweifte in Erklärungen ab. Dies ärgerte zuweilen Gerichtspräsidentin Isabelle Cuendet: «Man hat den Eindruck, dass Sie mit uns Katz und Maus spielen», sagte sie ihm am Abend.
Die Frage eines anderen Mitglieds des siebenköpfigen Gerichts, ob er als Polizeichef eine Marionette gewesen sei, verneinte er jedoch. Die Befragung des Angeklagten verlief wegen zahlreicher Fragen schleppend.
Ausschluss der Nebenklage gefordert
Die Verteidiger von Sperisen hatten am Morgen für Furore gesorgt. Sie forderten vom Gericht die Zulassung von zwei Entlastungszeugen, darunter der ehemalige Präsident Guatemalas, Oscar Berger. Dieser plane bereits, in die Schweiz zu reisen. Weiter wollten sie Alejandro Giammattei, den damaligen Direktor der Strafanstalten, vorladen.
Viel zu reden gab vor dem Genfer Strafgericht auch ein Artikel der Westschweizer Zeitschrift «L'illustré». Ein Journalist dieser Zeitschrift hatte die einzige Klägerin ausser der Staatsanwaltschaft in Guatemala besucht.
Es handelt sich um die rund 70-jährige Mutter eines getöteten Häftlings. Diese wusste gemäss dem am Mittwoch erschienen Artikel nichts vom Prozess. Angeblich war ihr nicht einmal ihre Anwältin in Genf bekannt. Die Anwälte Sperisens forderten deshalb den Ausschluss dieser Klägerin vom Prozess.
Fortsetzung am Freitag
Das Gericht gab am Nachmittag jedoch bekannt, dass sämtliche Anträge der Verteidigung abgelehnt wurden. Der Prozess wird am Freitag mit der Befragung Sperisens zu den Delikten fortgesetzt.